Eine weitere Frauenstatuette aus dem Hohle Fels?

Ein neu entdecktes Elfenbeinfragment aus dem Hohle Fels in Baden-Württemberg gehört möglicherweise zu einer zweiten weiblichen Figurine. Der im letzten Jahr gemachte Fund aus der Altsteinzeit ist derzeit in einer Sonderpräsenation in Blaubeuren zu sehen.

Neuer Fund aus dem Hohle Fels
Diese Montage zeigt das bei Grabungen im Hohle Fels neu entdeckte Fragment aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Fotos: J. Lipták/Universität Tübingen

Bei Ausgrabungen in der Höhle Hohle Fels auf der Schwäbischen Alb nahe Schelklingen hat das Team von Professor Nicholas Conard aus der Abteilung Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen einen rätselhaften Fund gemacht: ein aus zwei Teilen zusammengesetztes Bruchstück aus Mammutelfenbein. Von Menschenhand bearbeitet, weist das Fragment deutliche, tief eingebrachte Rillen in musterhafter Anordnung auf. "Bei den bisher aus der Eiszeit bekannten Tierfiguren und Löwenmenschen gibt es keine vergleichbaren Formen und Muster", sagt Nicholas Conard. Die Ausgrabungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift "Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg" veröffentlicht.

Den geübten Blicken von Professor Conard und der Grabungstechnikerin Maria Malina war hingegen nicht entgangen, dass das Fragment an Details der 2008 entdeckten "Venus vom Hohle Fels" erinnerte. Diese war bisher die einzige bekannte eiszeitliche Frauendarstellung aus den Höhlen der Schwäbischen Alb. Sie ist etwa sechs Zentimeter hoch und wurde aus Mammutelfenbein geschnitzt. Die Venus vom Hohle Fels mit ihrem Alter von rund 40.000 Jahren gilt als älteste Darstellung eines Menschen weltweit. Das neue Fragment würde aufgrund von Form und Muster an den seitlichen Teil der Brust und des Oberbauchs einer ähnlichen Frauenfigurine passen. "Es muss eigentlich eine Frau sein. Dass die Venus möglicherweise kein Einzelstück ist, gibt uns Raum für neue Erkenntnisse", sagt Conard.

Der neue Fund, der im vergangenen Jahr gemacht wurde, stammt aus den Schichten der altsteinzeitlichen Kultur des Aurignacien im Hohle Fels. Diese Periode entspricht der Zeit, in der die anatomisch modernen Menschen das heutige Südwestdeutschland erreichten und in der in ganz Europa die Neandertaler verdrängt wurden. Aus zahlreichen anderen Funden wie Knochen, bearbeiteten Steinen oder auch Holzkohle rekonstruieren die Forscher die Spuren menschlicher Besiedelung oder auch die Nutzung der Höhle durch Tiere wie Höhlenbären oder Hyänen.

Das Elfenbeinfragment wird nun bis zum 11. Oktober 2015 in einer kleinen Sonderpräsentation im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren (urmu) gezeigt, dessen wissenschaftlicher Direktor Conard ist. So kommt das Publikum nah an die Arbeit archäologischer Ausgrabungen heran. "Ein besonderer Fund wie dieser gibt unserer Arbeit einen wichtigen neuen Impuls und macht hier im Forschungsmuseum vielleicht besser als eine vollständige Figur deutlich, dass archäologische Arbeit eine Langzeitaufgabe für die Forschung ist."

Publikation

Nicholas J. Conard, Maria Malina: Eine mögliche Frauenfigurine vom Hohle Fels und Neues zur Höhlennutzung im Mittel- und Jungpaläolithikum. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg, S. 54-59.

Rekonstruktionszeichnung Venusfigur
1) Verziertes figürliches Fragment aus dem Hohle Fels. 2) Anhand der „Venus vom Hohle Fels“ zeigt die Abbildung, an welche beiden Stellen einer ähnlichen Figur das Fragment passen könnte. Abbildung: M. Malina/Universität Tübingen
Venus vom Hohle Fels
Die 2008 entdeckte »Venus vom Hohle Fels«. Foto: H. Jensen/Universität Tübingen
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