Die «Oeschger-Zähler» erhalten einen Hightech-Nachfolger
Das C14-Labor, das der Umwelt- und Klimaphysiker Hans Oeschger aufbaute, hat entscheidend dazu beigetragen, den Ruf der Berner Klimaforschung zu begründen. Das von Oeschger Ende der 1950er Jahre entwickelte Analysegerät war derart präzise, dass sich erstmals Radioaktivität in kleinsten Mengen messen liess.
Damit ermöglichte dieses Proportionalzählrohr ganz neuen Untersuchungen von Umweltarchiven – darunter nicht zuletzt die Eisbohrkerne aus Grönland, mit deren Analyse und Interpretation Oeschger zu Weltruhm gelangte.
In einem feierlichen Akt wurde heute am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung das neue, 1,8 Millionen Franken teure Berner C14-Labor eingeweiht: ein Beschleuniger-Massenspektrometer mit diversen weiteren angeschlossenen Geräten. Seine Vorläufer füllten ganze Turnhallen. Die an der ETH Zürich hergestellte Mini-Version ist noch knapp so gross wie zwei Kleinwagen.
Das MICADAS (MIni radioCArbon DAting System) genannte Gerät kommt mit viel kleineren Materialproben aus als die sogenannten Oeschger-Zähler und ist in der Handhabung so vereinfacht, dass es in derselben Zeit rund zehn Mal so viele Messungen vornehmen kann. Genutzt werden soll MICADAS unter anderem für Altersbestimmungen, für die Überwachung von Umweltradioaktivität und zur Analyse von CO2-Emissionen.
Der Ersatz der für heutige Bedürfnisse nicht mehr effizienten ersten C14-Messanlage war unter Berner Forschenden schon länger ein Thema. Denn zunehmend arbeiten sie mit Proben im Milligramm- oder Mikrogramm-Bereich und sind auf zahlreiche Messungen angewiesen. Das hatte zur Folge, dass sie ihre Proben in der Vergangenheit häufig in auswärtigen Labors in Europa analysieren lassen mussten. Wie eine Bedürfnisabklärung zeigte, sind rund ein Dutzend Forschungsgruppen bei ihren Projekten auf C14-Messungen angewiesen – und damit stark an einer anwenderfreundlichen und effizienten neuen Messanlage interessiert.
Das neue Labor steht nicht nur Forschenden des Oeschger-Zentrums offen, sondern auch allen übrigen Interessierten. Auf möglichst genaue Datierungen sind zum Beispiel Archäologen angewiesen, aber auch im Kunstbereich sind C14-Analysen gang und gäbe. Mit ihrer Hilfe lässt sich schnell und zweifelsfrei nachweisen, ob es sich bei einem Werk um eine Fälschung handelt oder nicht. Das Verfahren, mit dem sich das Alter von kohlenstoffhaltigen Materialien bestimmen lässt, beruht darauf, dass in abgestorbenen Organismen die Menge an gebundenen radioaktiven C14-Atomen abnimmt. Ihre Halbwertzeit beträgt 5730 Jahre.
Startpunkt für den Zerfall ist der Tod des Organismus – zum Beispiel einer Eiche aus der Pfahlbauerzeit. C12-Atome hingegen sind stabil. Deshalb ist das Verhältnis zwischen C14 und C12 eines organischen Materials ein Mass für die Zeit, die – um beim Beispiel zu bleiben – seit dem Fällen der Pfahlbauer-Eiche vergangen ist. Um diese Zeitdauer zu bestimmen, gilt es herauszufinden, wie stark radioaktiv das Material noch ist. Je weniger C14-Atome sich messen lassen, desto älter ist zum Beispiel der archäologische Holzfund aus dem Bielersee. Die Grenze dieser Art von Altersbestimmung liegt bei rund 55'000 Jahren.
Entwickelt hat die Radiokarbondatierung 1946 der Amerikaner Willard Frank Libby, der dafür 1960 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Als Hans Oeschger 1958 mit seinem Gerät zu messen begann, bewegte er sich also in noch wenig erforschtem Terrain.
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