Der Mensch braucht Energie - heute wie gestern
Die Energiewende erfordert den Ausbau neuer Überlandstromtrassen, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Aktuell plant die Amprion GmbH den Abschnitt einer überregionalen Trasse im Siegerland, der den Bau von größeren Hochspannungsmasten vorsieht. Für die Errichtung dieser Masten sind entsprechende Fundamente vonnöten. Dieser Schritt rief die Archäologinnen und Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL) auf den Plan. Während ihrer Untersuchungen stießen sie auf Überreste von Grubenmeilern, in denen Holzkohle hergestellt wurde.
Die Region Siegerland ist eine historische Fundgrube, die bis in die späte Altsteinzeit zurückreicht und besonders reichhaltige archäologische Spuren beherbergt. Die Mittelsteinzeit, die Eisenzeit sowie mittelalterliche Siedlungsüberreste sind hier gut dokumentiert, so Professor Dr. Michael Baales, Leiter der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe.
Die LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, erhielt frühzeitig Einblick in die aktuellen Planungen. Diese Kooperation ermöglichte die Durchführung notwendiger archäologischer Maßnahmen an den neuen Standorten in der Nähe bekannter Fundstellen.
Die archäologischen Untersuchungen begannen am 10. Juli. An drei neuen Maststandorten bei Siegen-Oberschelden im Kreis Siegen-Wittgenstein entfernten die Forschenden den Oberboden mithilfe eines Baggers, um die Bodenbeschaffenheit zu analysieren. Dabei stießen sie beim Mast 400 westlich von Oberschelden auf schwarze, stark holzkohlenhaltige Flecken im hellen Unterboden. Ein Fleck hatte einen Durchmesser von etwa einem Meter und zeigte leicht verziegelte Ränder. Diese Funde erwiesen sich rasch als Überreste von Grubenmeilern, in denen einst Holzkohle für die heimische Eisen- oder Buntmetallproduktion hergestellt wurde. Die großen Platzmeiler, die später im Siegerland bekannt wurden und wie sie beispielsweise in Netphen-Walpersdorf noch heute zu sehen sind, traten erst später prominent auf.
Dr. Eva Cichy, Leiterin der Ausgrabung, erklärte, dass Grubenmeiler bis mindestens ins Spätmittelalter weit verbreitet waren und in Südwestfalen in einigen Fällen sogar Keramikscherben gefunden wurden, die eine Datierung ermöglichen. Da dies in Oberschelden nicht der Fall ist, plant das Team, einige der Holzkohlestücke mittels der Radiokarbonmethode zu datieren, um das genaue Alter zu bestimmen.
Die Grubenmeiler waren essentiell für die Produktion von Holzkohle, dem energiereichsten Brennstoff dieser Epoche. Die mittelalterlichen Köhler gruben zunächst einfache Gruben in den Boden, stapelten Holz hinein und bedeckten es mit Rasensoden und Erde. Bei runden Grubenmeilern ließen sie wahrscheinlich in der Mitte einen Schacht frei, in den glühende Holzkohlen eingefüllt wurden, um den Vermeilerungsprozess zu starten. Bei etwa 300 Grad Celsius wurde die Feuchte aus dem Holz verdrängt, und das Holz wurde zu nahezu reinem Kohlenstoff umgewandelt (Pyrolyse). Der gesamte Prozess dauerte etwa einen Tag.
Der bislang unbekannte Köhlerplatz bei Oberschelden war zuletzt eine Wiese, die zuvor zeitweise als Ackerland genutzt wurde, wie die freigelegten Flugspuren zeigten. Da Grubenmeiler heutzutage kaum mehr im Gelände erkennbar sind, können sie nur durch sorgfältige archäologische Begleitung von Bauprojekten ans Tageslicht gebracht werden.
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