Dem mittelalterlichen Bergbau auf der Spur
Raubgräber hatten sich in dieser Gegend Zugang zu einem Schacht verschafft und bereits begonnen, hölzerne Transporteinrichtungen abzubauen. Um den Verlust wertvoller wissenschaftlicher Informationen und die Zerstörung des Bodendenkmals zu verhindern, musste schnell gehandelt werden. Was eigentlich als Noteinsatz begann, sollte ungeahnte Erkenntnisse über den ältesten archäologisch nachgewiesenen Bergbau im Siegerland bringen. Unverhofft stießen die WissenschaftlerInnen auf einen sehr alten Bergbau, der in das Mittelalter datiert – eine Epoche, deren Tiefbergbau in der Region nahezu unbekannt ist.
Unter Leitung der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, arbeiteten sich die Forscher durch enge Schächte, Strecken, jüngere Abbaukammern, Erzrollen und Verbindungsstrecken in unbekannte untertägige Gefilde vor. Wo man zunächst noch in voller Schutzausrüstung aufrecht gehen konnte, waren schon bald Kriechen, Robben, Abseilen und Klettern an einbeinigen Leitern in 7 Grad kühler Tiefe gefragt. "Das war eine große Herausforderung für uns alle – gerade beim Transport unserer Ausrüstung und Geräte war in der Enge und in dem schwierigen Gelände Teamwork gefragt", schildert Dr. Manuel Zeiler (LWL), der den ungewöhnlichen archäologischen Rettungseinsatz leitete.
Eine Anstrengung, die sich mehr als lohnte. Denn was die Fachleute gemeinsam entdeckten, ist eine echte Rarität. In einem sogenannten "Alten Mann", so wird im Bergbau ein aufgegebener Altbergbau bezeichnet, dokumentierte die Forschergemeinschaft gleich zwei Abbaukammern einschließlich Verbindungsstrecke und einem horizontalen Zugangsstollen, die mit Schlägel und Eisen in Handarbeit aus dem Felsen geschlagen wurden. Die Form und der geringe Querschnitt lassen keine Zweifel aufkommen: "Wir haben es hier mit dem bislang ältesten Abbau in dieser Form im Siegerland zu tun. Denn die naturwissenschaftliche Datierung von Holzkohle aus diesem Bergbau datiert ihn in das 13. Jahrhundert", fassen Dr. Manuel Zeiler und Dr. Jennifer Garner (DBM) die Forschungsergebnisse zusammen.
Das Forschungsteam konnte bis in die Teufen vordringen, in denen im 13. Jahrhundert wertvolles Blei-Silbererz abgebaut wurde. Diese Lagerstätten waren gerade ab dem Hochmittelalter begehrt, als sich das Münzwesen etablierte. Bergbau und die Entstehung von mittelalterlichen Territorialgewalten förderten und beeinflussten sich in dieser Zeit gegenseitig. Deshalb ist die Entdeckung solcher Fundorte auch für das Verständnis der bis in die politischen Strukturen hineinreichenden Zusammenhänge bedeutsam. Die Fachleute haben die Neuentdeckung nicht nur akribisch vermessen und dokumentiert. Sie haben auch vier Sondagegrabungen durchgeführt, um beispielsweise Reste von Holz und Holzkohle für weitere Altersbestimmungen sicherzustellen. Erste Analysen des Holzes, die mittels Dendrochronologie und der Untersuchung der Jahresringe sehr genau das Alter festlegen können, zeigen: Der "Alte Mann" wurde bereits im 19. Jahrhundert durch den jüngeren Bergbau wiederentdeckt, indem die Bergleute zufällig auf die längst vergessenen Strukturen stießen.
Das DBM beschreitet in der Dokumentation von Forschungsergebnissen neue Wege und hat die Arbeiten des Forschungsteams in einem Kurzfilm veröffentlicht.
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