Bronzezeitliches Metallhandwerk bei Preußlitz
Im Vorfeld des Neubaus einer 37 km langen Flüssiggasleitung zwischen Peißen und Bobbau durch die Erdgasspeicher Peissen GmbH werden seit April dieses Jahres an verschiedenen Stellen archäologische Untersuchungen durchgeführt. Es werden in der Regel etwa zehn Fundstellen gleichzeitig bearbeitet; derzeit sind etwa 100 Mitarbeiter vor Ort im Einsatz. Die Ausgrabungen, die sich innerhalb einer 20 m breiten Trasse auf 57 Fundstellen erstrecken, sollen bis Ende 2014 abgeschlossen sein.
Nachdem bereits eine Fundstelle bei Wörbzig nahe Köthen, Lkr. Anhalt-Bitterfeld, aufschlussreiche bronzezeitliche Befunde erbrachte, die auf eine Produktion von gepökeltem Schweinefleisch für einen regionalen oder überregionalen Absatzmarkt hindeuten, wurden nun auch auf einer nur 6 km von der oben genannten Ausgrabungsfläche entfernten Fundstelle bei Preußlitz, Stadt Bernburg, Salzlandkreis, aufschlussreiche Hinterlassenschaften der Bronzezeit geborgen.
Neben anderen Siedlungsbefunden wurde ein mehr als 100 Meter messendes Grabenwerk abschnittweise erfasst, in dessen Innenraum ein weiterer Kreisgraben beobachtet werden konnte. Die etwa 3 m breiten Kreisgrabensegmente waren mitunter noch über 1 m tief erhalten. Die große Dimension der Grabenanlage offenbart, dass es sich nicht um die Überreste eines bronzezeitlichen Grabhügels handeln kann. Stattdessen könnte das Grabenwerk ein Areal mit spezieller Funktion eingehegt haben. Dafür spricht, dass in unmittelbarer Nähe des umwehrten Bereiches bei den aktuellen Ausgrabungen gleich drei Gussformen – zwei tönerne und eine steinerne – zutage gekommen sind. Eine Gussform lässt durch ihre charakteristische Form erkennen, dass sie zur Produktion von Sicheln benutzt wurde. Die anderen beiden Gussformen dienten vermutlich der Herstellung von sogenannten Kolbenkopfnadeln, die typische Gewandschließen der späten Bronzezeit darstellen.
Bemerkenswert ist auch die hohe Anzahl von Hundeskeletten. Dabei ist zudem die Überzahl an Unterkiefern auffallend.
Bereits 2004 war unweit der derzeit erforschten Fundstelle bei einer archäologischen Untersuchung im Vorfeld einer zu verlegenden Gaspipeline ein bronzezeitlicher Hortfund bestehend aus vier gegossenen Bronzesicheln aufgedeckt worden, die jedoch nachweislich nicht in der nun gefundenen Form hergestellt worden waren. Die Gussformen vermögen allerdings ein neues Licht auf den 2004 zutage getretenen Hortfund zu werfen und weisen das Areal um Preußlitz als einen bronzezeitlichen Produktionsstandort aus, an dem Werkzeuge und Schmuck aus Bronze gegossen wurden. Möglicherweise hatte die Siedlung – wofür auch die Befestigung mit einem mächtigen Graben sprechen könnte – eine Bedeutung als Zentralort für die Region.
Die Dichte bronzezeitlicher Fundstellen in der Gegend um Bernburg und Köthen ist augenfällig und deutet darauf hin, dass die Region während der Bronzezeit ein bevorzugtes Siedlungsareal darstellte. Die Gründe für die Siedlungsgunst und für den Reichtum der Region liegen zum einen in den fruchtbaren Ackerböden, zum anderen im oberflächennahen Austritt von Sole, die durch einen Siedeprozess zu Salz weiterverarbeitet wurde, wie dies etwa in Wörbzig nachgewiesen werden konnte. In nur sechs Kilometer Entfernung zueinander lassen sich demnach auf der untersuchten Trasse der Flüssiggasleitung zwei bronzezeitliche Produktionsstätten fassen: zum einen Salzgewinnung und Herstellung von Pökelfleisch in Wörbzig, zum anderen Bronzeguss (und möglicherweise weitere Verarbeitung) in Preußlitz. Dies führt dem heutigen Betrachter vor Augen, dass die Gesellschaft bereits vor 3.000 Jahren hoch spezialisiert war. So wurden vermutlich in den Ansiedlungen innerhalb eines gewissen Umkreises spezielle Güter produziert, die untereinander auf regionaler Ebene ausgetauscht wurden oder teilweise sogar für den Fernhandel bestimmt waren.
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