Ausgrabungen im Zuge des Museumsneubaus in Bochum
Die dem Herrenhaus vorgelagerte Vorburg bildete eine eigene Insel inmitten des großen Hausteiches und diente insbesondere wirtschaftlichen Zwecken wie der Ernteeinlagerung, Vieheinstallungen oder Werkstätten. Von ihrer östlichen Bebauung konnten nun mehrere Bau- und Nutzungsphasen erfasst werden. Eine gemauerte, repräsentative Zuwegung führte auf die Vorburg. Dort zeugen mächtige Fundamentierungen vom ehemaligen Torhaus. Weg und Torhaus sind auf das Hauptportal des Herrenhauses ausgerichtet.
Die adeligen Besitzer von Haus Weitmar waren seit dem späten Mittelalter baufreudig. Hiervon zeugen Fundamente, Mauerzüge, Fußböden, Ver- und Entsorgungseinrichtungen, die seit Juli das Grabungsteam der Firma Eggenstein unter Fachaufsicht der LWL-Archäologen auf der Baustelle freilegt und dokumentiert hat. Von der ehemals imposanten Anlage ist nach den Gebäudeabrissen und Umgestaltungen vor allem des 19. und 20. Jahrhunderts und dem Luftangriff vom 13. Mai 1943 nicht mehr viel übrig geblieben. Vom Herrenhaus und der Kapelle blieben nur die Außenmauern stehen. In diese wurde der Kubus der Stiftung "Situation Kunst" integriert.
"Die aktuellen baubegleitenden Ausgrabungen wurden nötig, weil durch den Neubau des Museums unter Tage die im Boden erhaltenen Überreste des Bodendenkmals Haus Weitmar zerstört werden", erläutert Prof. Dr. Michael Baales von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen. "In einem solchen Fall verpflichtet das Denkmalschutzgesetz zur Ausgrabung. So wird das durch die Baumaßnahme in Teilen zerstörte Bodendenkmal wenigstens in der Grabungsdokumentation für die Nachwelt überliefert." Die archäologischen Untersuchungen werden in den nächsten Tagen abgeschlossen sein. Ihre Ergebnisse sind für die Burgenforschung von überregionaler Bedeutung, so Baales.
Entstanden ist Haus Weitmar aus einem Oberhof der Abtei Werden. Er wurde als Lehen an Bedienstete der Abtei übertragen und besaß mindestens sechs Unterhöfe. Seine Ursprünge lassen sich in der schriftlichen Überlieferung bis in die Jahre um 1000 verfolgen. Ausgrabungen im Jahr 2009 deuten auf ein noch höheres Alter hin: Keramikfragmente aus karolingischer Zeit verweisen auf das 8./9. Jahrhundert. Der Oberhof war ehemals durch einen Wassergraben geschützt und besaß spätestens seit dem hohen Mittelalter eine eigene Kapelle. Dieser Hof bildete die Keimzelle des Adelssitzes sowie des späteren Bochumer Ortsteils Weitmar.
Neben den Überresten des komplexen Bauensembles spiegeln auch die Funde das alltägliche Leben auf einem Adelssitz in der Zeit des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance. Was auf Haus Weitmar gefunden wurde, kann auch in Werken der niederländischen Tafelmalerei als Requisiten des gehobenen bürgerlichen und adeligen Lebensstils bewundert werden: Trinkkrüge aus Siegburger Steinzeug, reich dekorierte Ofenkacheln, Messerscheiden.
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