»ausgegraben → ausgestellt: C-33, Chemnitz Getreidemarkt«
Nach dem Erfolg der 2019 gezeigten Foyerausstellung »ausgegraben → ausgestellt« über die ersten Ergebnisse der archäologischen Grabungen an der Bahnhofstraße in Chemnitz (C-36) setzt das Landesamt für Archäologie Sachsen die Reihe nun mit Funden vom Chemnitzer Getreidemarkt fort. »Wie im letzten Jahr möchten wir der Öffentlichkeit die ersten Ergebnisse und Fundobjekte der großen Stadtkerngrabung im smac präsentieren, bevor die Objekte in das Archäologische Archiv Sachsen in Dresden aufgenommen werden«, sagt Referatsleiterin Christiane Hemker.
Das bisher als Parkplatz genutzte Areal, auf dem ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen soll, wurde durch Unterstützung der Bauherrschaft rebo consult ingeneurgesellschaft mbh in dem vereinbarten Grabungszeitrum von einem Jahr archäologisch untersucht. Der heutige Getreidemarkt liegt zwischen Lohstraße, Börnichsgasse, Innerer Klosterstraße und Kirchgäßchen, nordwestlich der ab dem 13. Jahrhundert durch eine Stadtmauer geschützten Kernstadt. Hier scheint ab 1200 n.Chr. eine dauerhafte Besiedlung bzw. Geländenutzung stattgefunden zu haben, wie ein belaufener, stark humoser Oberboden (Laufhorizont) und die frühesten Funde belegen, zu denen auch eine besonders schöne Miniatur- Bügelkanne gehört.
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts begannen die Chemnitzer damit, die Fläche systematisch zu bebauen. Pfade aus Reisig und Mulch, Entwässerungsgräben und Entnahmegruben von Lehm als Baumaterial sind Zeugnisse dieser frühen Urbarmachung. In den folgenden 700 Jahren wurden in diesem ehemaligen Auenareal insgesamt 39 Brunnen angelegt, die in dieser Dichte für eine Überraschung sorgten.
Die Straßennamen gaben schon vor der Ausgrabung erste Hinweise auf die ehemalige Nutzung des Untersuchungsgebietes, auf dem die Archäologen Produktionsareale zur Lohgerbung freilegten. Zahlreiche Gerbergruben, eine technische Anlage zur Regulierung der Wasserzu- und abfuhr, Fellreste und Knochenwerkzeuge sind Zeugnisse dafür, dass hier im großen Stil Leder bearbeitet wurde.
Brandschichten im Boden belegen, dass die Gerbereianlage dem katastrophale Stadtbrand von 1333 zum Opfer fiel. Danach wurde das Areal systematisch parzelliert und stärker bebaut. Neben steinernen Grundmauern blieb eine Flechtwerkwand so gut erhalten, dass sie aufwändig als Ganzes im Block geborgen wurde. Die Restaurierung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, so dass das Objekt noch nicht ausgestellt werden kann. »Wir freuen uns aber darüber, dass wir dieses besondere Fundstück im nächsten Jahr im Rahmen einer großen Sonderausstellung zum Thema »Stadt« zeigen können«, so die Museumsdirektorin Sabine Wolfram.
Ein Indiz für Bierbrauerei in diesem Areal lieferten etliche verbrannte Getreidekörner (angekeimte Spelzgerste), in Kombination mit einfachen Öfen und Brunnen. Nach weiteren Stadtbränden und Überschwemmungen wurde im 17. Jahrhundert der Fachwerkbau eingestellt und großzügige Häuser aus Porphyrtuff errichtet. Die verheerenden Bombenangriffen im zweiten Weltkrieg zerstörten auch diese Gebäude, woraufhin die gesamte Fläche eingeebnet wurde. Auf ihr entstand in der DDR ein Kindergarten, bevor das Areal in jüngster Zeit als Parkplatz diente.
Vom 10. Juni bis zum 12. Juli 2020 präsentiert »ausgegraben → ausgestellt: C-33, Chemnitz Getreidemarkt.« die ersten Ergebnisse und Fundobjekte im Foyer des smac. Der Besuch der Präsentation ist zu den Öffnungszeiten des Museums kostenlos.
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