Auf den Spuren des Krieges
Die archäologische Erforschung des Phänomens »Krieg« hat in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht: Schlachtfelder und Befestigungen wurden ausgegraben, Massengräber geborgen, unzählige Skelette mit Verletzungsspuren untersucht, Waffen sowie bildhafte Darstellungen und historische Texte analysiert. Das Landesmuseum für Vorgeschichte zeigt mit Hilfe von prägnanten Objekten aus über 60 europäischen Museen und Sammlungen erstmals die wichtigsten Aspekte dieser Forschungen im Rahmen einer Sonderausstellung.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Schlacht von Lützen am 6. November 1632, die mit mehr als 6.500 gefallenen Soldaten eine der blutigsten des gesamten 30-jährigen Krieges war. Zahlreiche Zeugnisse, wie in der Schlacht verwendete Waffen, archäologische Funde vom Schlachtfeld und historische Quellen erläutern den Ablauf der kriegerischen Handlungen und betten sie in den zeitgenössischen Zusammenhang ein.
Die Ausstellung erzählt aber vor allem auch die erstmals genauer erforschte Geschichte der in der Schlacht gefallenen Soldaten. Möglich wurde dies durch die Entdeckung eines Massengrabes bei der archäologischen Untersuchung des Schlachtfeldes im Jahr 2011. In der etwa 3,5 x 4,5 m großen Grube waren kurz nach den Kampfhandlungen 47 Gefallene vergraben worden. Es sind die einzigen Opfer, die bisher von einer der bedeutendsten und verlustreichsten Schlachten des 30jährigen Krieges gefunden werden konnten.
Der hervorragend erhaltene und weltweit einzigartige Befund wurde vollständig im Block geborgen und steht nun als ein Mahnmal des Krieges im Zentrum der Sonderschau. Dank moderner Untersuchungsmethoden kann nun den namenlosten Toten wieder ein Gesicht und einen Teil seiner Identität gegeben werden. Anhand der bei den Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse zeichnen die Ausstellungsmacher das Bild einer aus Not und Hunger geborenen Armee von Humpelnden und Versehrten, über die in Geschichtsbüchern - im Gegensatz zu den Heerführern kaum etwas zu finden ist.
In der Ausstellung ist diesen auch ein eigener Abschnitt gewidmet. König Gustav II. Adolf von Schweden, der im Kampf den Tod fand, und Albrecht von Wallenstein werden dort durch exklusive Originale, wie der elchledernen Reitjacke des Schwedenkönigs mit den Einschuss- und Einstichlöchern oder das Präparat des Lieblingspferdes Wallensteins einander gegenübergestellt.
Seit wann gibt es »Krieg«?
Ausgehend vom Lützener Befund spürt die Ausstellung in ihrem zweiten großen Themenbereich den Ursprüngen dieses Phänomens nach. Aggression und Gewalt gehören ohne Zweifel zur Natur des Menschen, wie anhand der Darstellung des mit 430.000 Jahren ältesten Mordopfers zu sehen ist.
Regelrechte kriegerische Auseinandersetzungen sind allerdings erst ab der Jungsteinzeit nachzuweisen. Als ältesten mitteleuropäischen Beleg zeigt die Ausstellung einen Befund aus Halberstadt, Lkr. Harz, aus der Zeit um 5.000 v. Chr.
Im Laufe der Zeit ändern sich Organisation, Taktik und Waffentechnologie, wie zahlreiche Belege und Ausstellungsstücke aus der gesamten Alten Welt zeigen. Darunter befinden sich Angriffs- und Verteidigungswaffen, wie etwa ein 10.000 Jahre alter Holzbogen, zahlreiche Holz- und Steinkeulen, Schwerter, Schilde und Helme aus Bronze, aber auch der älteste erhaltene Friedensvertrag der Welt, in dem Pharao Ramses II. und König Hattusili III. am 31. Oktover 1259 v. Chr. die Auseinandersetzungen zwischen Ägypten und dem hethitischen Reich beendeten.
Etwa zur gleichen Zeit fand im Tal des Flüßchens Tollense in Mecklenburg-Vorpommern eine Schlacht statt, an der vermutlich einige Tausend bronzezeitliche Krieger aufeinandertrafen und hunderte den Tod fanden. Das seit dem Jahr 2007 systematisch archäologisch untersuchte Schlachtfeld ist das bisher älteste kriegerische Großereignis Mitteleuropas. In Halle wird es nun erstmalig umfänglich der Öffentlichkeit präsentiert.
Insgesamt haben die Ausstellungsmacher etwa 900 Exponate und Exponatgruppen aus über 60 europäischen Museen und Sammlungen zusammengetragen, um auf einer Fläche von 1.000 Quadratmern die Geschichte gewaltsamer Auseinandersetzungen aus archäologischer Sicht zu präsentieren. Man würde sich wünschen, der Blick in die Vergangenheit wäre die einzige Perspektive, aus der man dieses leidvolle Thema betrachten müsste.
Krieg. Eine archäologische Spurensuche
Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale)
6.11.2015 bis 22.05.2016
Öffnungszeiten: Di-Fr 9-17 Uhr / Sa, So und Feiertage 10-18 Uhr
24. und 31.12.2015 geschlossen
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck und wurde mit namhaften Mitteln seitens des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), der Stiftung zur Förderung der Archäologie in Sachsen-Anhalt, der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), der Kulturstiftung der Länder und des Vereines zur Förderung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle (Saale) e.V. gefördert.
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