Antikenhehlerei darf sich nicht lohnen
Archäologen und Kriminalisten nutzen nicht nur ähnliche Methoden um Ereignisse der Vergangenheit aus erhaltenen Spuren zu rekonstruieren. Sie arbeiten auch eng zusammen, wenn es darum geht, zum Schutz der archäologischen Stätten, Raubgräbern und Antikenhehlern das Handwerk zu legen. Anhand spektakulärer Kriminalfälle der jüngsten Vergangenheit gewährt das RGZM Einblick in einen Bereich seiner Aktivitäten, der bereits auf einiges mediales Interesse gestoßen ist. Die Ausstellung war im letzten Jahr schon im Mainzer Hauptbahnhof zu sehen.
Auf mehreren großen Informationswürfeln wird u. a. die spannende Suche nach dem offenbar erst vor wenigen Jahren von Plünderern im Irak entdeckten Grab einer sumerischen Prinzessin aus der Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. thematisiert. Berichtet wird auch von fünf türkischen Bronzegefäßen, die kürzlich die diplomatischen Drähte zwischen Ankara, Berlin, Wiesbaden und Mainz zum glühen brachten.
"Raubgräber und Leute, die mit Kulturgut illegalen Handel treiben tun etwas ganz Schlimmes: Sie stehlen den Menschen, überall auf der Welt, Identität und Geschichte." erklärte Prof. Dr. Egon Johannes Greipl, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Zuge der Ausstellungseröffnung. "Viele Museen sind von dem Thema Raubgrabungen und Handel mit illegal geborgenen archäologischen Funden unmittelbar betroffen und reagieren daher mit absoluter Zurückhaltung", erläuterte Prof. Dr. Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung in München. "Dies halte ich für falsch. Ich bin der Überzeugung, dass das Problem nicht durch Verschweigen, sondern nur durch Offenlegung gelöst werden kann. Allein eine breit sensibilisierte Öffentlichkeit kann die notwendige Sicherung des globalen und zugleich eigenen Erbes gewährleisten."
Petra Sandles, Polizeivizepräsidentin des Bayerischen Landeskriminalamts, teilte mit, dass auch in Deutschland Raubgrabungen vorgenommen werden. "Nach einer Schätzung des Landesamtes für Denkmalpflege gehen allein in Bayern jedes Jahr 1,2 Millionen archäologischer Objekte durch diese Grabungen verloren. Ausgegraben werden alte Waffen, Münzen und Gefäße. Diese wandern in die privaten Sammlungen der Täter oder werden in Sammlerkreisen angeboten. Damit geht unschätzbares historisches Wissen verloren. Umso mehr freut es mich, dass es uns in den letzten Jahren mehrfach gelungen ist, in vorbildlicher Kooperation mit den Ermittlern des BKA, den Staatsanwaltschaften und den Sachverständigen des Römisch-Germanischen Zentralmuseums historisch wertvolle Kulturgüter an die Ursprungsländer zurückzugeben."
"Durch die Ausstellung »Kriminalarchäologie« erhält die Bevölkerung die eher seltene Gelegenheit, sich in zeitgemäßer Kürze ein Bild über die Auswirkungen der Raubgrabungen und das Vorgehen des illegalen Handels mit dem archäologischen Erbe zu machen. Anschließend in Ruhe darüber nachzudenken, liegt im Interesse der Kriminalprävention", erklärte Eckhard Laufer, Koordinator Kulturgüterschutz der Zentralstelle Kriminal- und Verkehrsprävention des Hessischen Landeskriminalamtes.
Dr. Michael Müller-Karpe, Archäologe am RGZM, Initiator und Spiritus rector der Ausstellung, erläuterte deren Konzeption. Er betonte die Bedeutung, die der Bewahrung des archäologischen Erbes zukommt. "Die im Fundkontext gespeicherten Informationen über Menschen, von denen wir durch die Zeit getrennt sind, werden durch Raubgrabungen zur Versorgung eines nimmersatten Antikenmarktes mit Hehlerware undokumentiert und unwiederbringlich zerstört. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Bodenarchiv, der Quell aus dem sich das kulturelle Gedächtnis der Menschheit speist, geplündert und den kurzsichtigen Gewinninteressen Einzelner geopfert wird!"
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