Altbekannter Fundplatz bringt neue Erkenntnisse
Das Balhorner Feld liegt südöstlich des Paderborner Stadtkerns und befand sich bereits in früheren Zeiten in zentraler Lage. »Hier kreuzten bereits im Mittelalter zwei überregional bedeutende Fernstraßen: Der Hellweg als längste West-Ost-Verbindung des Kontinents und der Frankfurter Weg, der vom Mittelrhein über Hessen bis zur Nordsee führte«, erklärt Dr. Sveva Gai, Stadtarchäologin Paderborns und Mitarbeiterin der LWL-Archäologie für Westfalen.
Der Ort Balhorn wird 1015 erstmals urkundlich erwähnt, allerdings gibt es archäologische Belege für seine Besiedlung um Christi Geburt und Keramikfunde bereits aus der vorrömischen Eisenzeit (ab etwa 750 v. Chr.). Die meisten Befunde, die die Archäologinnen hier bisher untersuchten, weisen jedoch ins Mittelalter. »Die Dimension dieser Ansiedlung in der Merowinger- und Karolingerzeit betrug etwa 40 Hektar«, sagt Grabungsleiter Ralf Mahytka, Archäologe bei der ausführenden Fachfirma.
Bereits kurz nach Beginn der Erdarbeiten kamen Verfärbungen im gelben Lößlehm, eine für dieses Gebiet typischen Sedimentart, zutage. Diese Verfärbungen sind Spuren der mittelalterlichen Siedlung, die sich hier einst befand. Das Team rund um Mahytka kann bereits feststellen, dass es sich um Zeugnisse aus dem 13. und 14. Jahrhundert handelt.
»Die Befunde fallen damit in die letzte Siedlungsphase des Ortes«, erklärt Mahytka. Es seien Gruben, Grubenkomplexe sowie Pfostenlöcher gefunden worden, die auf die Grundrisse mehrerer Holzhäuser hinweisen, so der Grabungsleiter weiter.
Im Norden des Areals konnten die Expertinnen aus derselben Zeit einen gepflasterten Innenhof freilegen, der mit Kalksteinen ausgelegt worden war. Um den Hof herum waren Wohngebäude oder Werkstätten gruppiert. Kurz vor Ende der Grabungen konnte hier zudem eine Grube von 3,5 mal 4,5 Metern Grundfläche nachgewiesen werden - die Archäologen interpretieren sie als Grubenhaus oder Keller. Im Inneren seien zudem zwei Doppelpfosten erhalten, die auf einen Webstuhl hinweisen könnten.
Mittelalterliches Straßennetz
Besonders interessant für die Experten sind die Reste eines Straßenabschnittes, der bei den Ausgrabungen entdeckt wurde. »Dieser Abschnitt besteht aus einer einlagigen Schicht aus meist etwa faustgroßen Geröllsteinen, die zwar nicht pflasterartig verlegt worden waren, aber dennoch eine geschlossene Lage bilden«, erklärt Mahytka. Typische Funde wie mehrere Hufeisen deuteten darauf hin, dass die Straße stark befahren war.
»Bereits bei früheren Grabungen am Balhorner Feld konnten wir neben dem kreuzenden Hellweg ein Netz von weiteren befestigten Straßen nachweisen«, sagt Dr. Georg Eggenstein, Chef der Archäologie-Fachfirma. Diese Straßen seien von gleicher Bauart und aus der selben Zeit gewesen, so der Archäologe weiter.
Auch die aktuelle Grabungskampagne bestätigt dieses Bild. Für Stadtarchäologin Gai ist interessant, dass in direkter Nähe des Straßennetzes keine Spuren von Wohnbebauung zu finden seien: »Dies ist ein Hinweis darauf, dass auch im Mittelalter stark frequentierte Verkehrswege nur dem Verkehr vorbehalten blieben.«
Altbekannter Fundplatz
Bereits beim Eisenbahnbau 1846 stießen Arbeiter auf dem Balhorner Feld auf archäologische Artefakte aus dem Mittelalter, vor allem aus der Zeit Karls des Großen. In den 1970er Jahren folgten weitere Entdeckungen im Zuge des Straßenbaus. Zwischen 1989 und 2006 wurde der Bereich systematisch im Rahmen großangelegter Grabungskampagnen untersucht. Dr. Georg Eggenstein war bereits bei diesen früheren Ausgrabungen vor Ort: »Die Kampagnen brachten zahlreiche Siedungsreste und Funde zum Vorschein.« In dieser Zeit seien rund sieben Hektar untersucht worden, vor allem der südwestliche Teil sei seither weitgehend erfasst. Die Alme bilde hier die westliche Grenze der Siedlung, so Eggenstein.
Der fruchtbare Boden und die Nähe zum fließenden Gewässer der Alme machten den Siedlungsstandort attraktiv: »Der Lößboden zwischen der Alme und dem heutigen Stadtkern stellt den nordöstlichen Ausläufer der Hellweg-Lößbörde dar«, erklärt Eggenstein. An dieser Stelle sei der Lößboden nur bis zu einem Meter tief, was die hohe Fruchtbarkeit und gute Wasserdurchlässigkeit der hiesigen Böden erkläre.
»Die aktuellen Ausgrabungen am Balhorner Feld sind abgeschlossen«, sagt Stadtarchäologin Gai. Ein weiterer, im Westen gelegener Bereich wird ebenfalls vom Brückenbau betroffen sein. Sobald die Arbeiten beginnen, werden die LWL-Archäologen auch hier einen Blick in den Boden werfen.
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