1700 Jahre Klosterkultur
Mehrere hundert Exponate aus über zehn Jahrhunderten veranschaulichen unter anderem das Leben in einem mittelalterlichen Kloster oder die Entwicklung der religiösen Orden bis in die Gegenwart. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Land Nordrhein-Westfalen investierten in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 13 Millionen Euro in den zweiten Bauabschnitt und die Einrichtung der Ausstellung.
"Mit der Eröffnung der neuen Dauerausstellung ist der wichtigste Schritt der Umgestaltung des Kulturdenkmals Kloster Dalheim in ein modernes Museum geschafft", freute sich LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch bei der Vorstellung der neuen Ausstellung am Dienstag. "Auf allen Ebenen - vom Keller bis unter das Dach - präsentiert dieses bundesweit einzigartige Museum für Klosterkultur nun eine umfassende, lebendige und fundierte Schau rund um das, was klösterliches Leben und Kultur gestern und heute, in Dalheim und Europa bedeuten."
"Als ehemaliges Kloster bietet das LWL-Landesmuseum ideale Voraussetzungen, um ein authentischer Ort zur Vermittlung von Klosterkultur zu sein", so Kirsch weiter. Insbesondere im Erdgeschoss greift die neue Ausstellung auf diese Qualität zurück. Ausgehend von den historischen Gegebenheiten macht sie rund um die spätgotische Klosterkirche und den Kreuzgang typische klösterliche Räume wie Kapitelsaal (Versammlungsraum), Skriptorium und Kalefaktorium (Schreib- und Wärmestube) oder Refektorium (Speisesaal) mit Inszenierungen ebenso erlebbar wie die Bibliothek oder den Vorratskeller. "Hier kann und soll sich der Besucher in unserem Haus emotional auf die Welt eines Klosters einlassen", sagte die Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Kloster Dalheim, die LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale. Dies sei gerade in einer von Hektik und Reizüberflutung geprägten Zeit ein Erlebnis, das auch zum Nachdenken über den eigenen Lebensrhythmus anregen könne.
Der Rundgang durch die Obergeschosse der Klosteranlage beginnt mit der Darstellung der über 800-jährigen Geschichte des Klosters Dalheim. Durch die fünf Räume des Westflügels schlängelt sich ein Stahlband, das die Auf und Abs der bewegten Dalheimer Vergangenheit - mittelalterliches Frauenkloster, Augustiner-Chorherrenstift, barocke Blütezeit, preußische Staatsdomäne und Gutshof - symbolisiert. Exponate von der ältesten bildlichen Darstellung des Klosters Dalheim ("Fabritius-Vedute", 16. Jahrhundert) über Professurkunden (Dokument zur Erklärung des Eintritts ins Kloster, 15.-18. Jahrhundert), archäologische Funde wie Keramik und Grabbeigaben bis zu den Fragmenten des zerstörten barocken Hochaltars verdeutlichen die einzelnen Stationen.
Die Schau in den neu errichteten Ausstellungssälen des Süd- und Ostflügels stellt die Entwicklung der Klosterkultur von den Wüstenvätern der Spätantike über die ersten klösterlichen Gemeinschaften, die Reformen des Mönchtums bis in die Gegenwart in den Vordergrund. "Hier wird dem Besucher die Entstehung der Orden nahe gebracht", sagte Museumsleiter Dr. Martin Kroker.
Charakteristische Persönlichkeiten werden ebenso vorgestellt wie entscheidende Ereignisse aus 1.700 Jahren Klosterkultur: "Ein Meilenstein dieser Geschichte ist zweifelsohne die Durchsetzung der Benediktregel als alleingültige Ordensregel im Karolingerreich", erläuterte Kroker. Als weitere bedeutende Etappen nannte er die Reform von Cluny im 11. Jahrhundert, die Gründung des Zisterzienserordens im 12. Jahrhundert und die Entstehung der Bettelorden in den mittelalterlichen Städten im 13. Jahrhundert.
Aufwendige und detailgetreu gearbeitete Modelle bedeutender Klosteranlagen wie Cluny, Hirsau oder Melk verdeutlichen auf der Basis neuester wissenschaftlicher Ergebnisse die Entwicklung der Ordens-gemeinschaften in Europa. Von den Benediktinern über die Zisterzienser und Prämonstratenser oder die Franziskaner etc. werden kennzeichnende Merkmale der Ordensregel und des Ordenslebens, der Liturgie, aber auch äußerer Erkennungszeichen wie Trachten und Architektur vorgestellt.
Exponate aus mehr als zehn Jahrhunderten zeigen eine Kultur, die durch ein regelhaftes Leben in Verzicht und Stille gekennzeichnet ist, zu der aber immer auch mehr gehört als das benediktinische "Ora et labora" (lat.: "Bete und arbeite"). Zu den Ausstellungsstücken gehören typische Objekte aus dem klösterlichen Alltag, vom Geschirr aus Grabungen über liturgisches Gerät und kostbare Messgewänder bis hin zu Altären und Tafelgemälden, Skulpturen, Bauplastik und Büchern.
"Durch die Kooperation mit renommierten Museen und bedeutenden Klöstern aus ganz Deutschland und Teilen Europas, mit Privatleuten, Künstlern sowie den Klöstern und Kirchengemeinden der Region konnten wir hochrangige Ausstellungsstücke für unser Haus gewinnen", dankte Museumsleiter Kroker Leihgebern und Partnern für ihr Engagement.
Mehr als 2.000 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche wurden in den vergangenen zwei Jahren im zweiten Baubabschnitt im Kloster Dalheim geschaffen. Rund um die mittelalterliche Klausur wurden die klösterlichen Funktionsräume wiederhergestellt, der Südteil des historischen Kreuzgangs - im 19. Jahrhundert zerstört und als Stallung genutzt - wurde mit modernen Materialien wieder aufgebaut. Die im 19. Jahrhundert durch einen Brand zerstörten Obergeschosse im Ost- und Südteil der Klausur wurden modern aber sensibel im Umgang mit dem Denkmal aufgesetzt.
Insgesamt investierten der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam rund 11 Millionen Euro in den zweiten Bauabschnitt. Die rund 7,5 Hektar große Klosteranlage ist seit 1979 im Besitz des LWL. Das Museum wird seit 2007 von der Stiftung Kloster Dalheim betrieben.
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