Über Holzkohle, Inkohlung und Verkohlung
Die Inkohlung ist ein chemischer Prozess, der bei niedriger Temperatur, ggf. unterstützt durch Druck, unter Grau-, Braun- bis Schwarzfärbung zur Zerstörung des Holzes führt. Um ihn zu verstehen, ist ein Ausflug in die Chemie des Holzes erforderlich.
Die Verkohlung erfolgt dagegen bei hoher Temperatur, z. B. im Meiler der Köhler, oder auch im Schadfeuer durch teilweises Verbrennen.
Es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse dieser beiden Einflüsse nicht scharf voneinander zu unterscheiden sind, und zwar sowohl in Hinsicht auf die Temperaturen als auch in Hinsicht auf die Einwirkungszeit. Auch können die Einwirkungen durchaus nacheinander ablaufen.
Das Holz der Nadel- und Laubbäume besteht in der Hauptsache zu etwa 40–50 % aus Cellulose, zu etwa 25–30 % aus Hemicellulose und zu etwa 25–30 % aus Lignin.
Cellulose ist die hauptsächliche Gerüstsubstanz der pflanzlichen Zellwände und daher das am häufigsten auftretende Kohlenhydrat. Sie stellt ein Homopolymer (ein Polymer aus ausschließlich gleichartigen Bausteinen) aus der Hexose (Zucker mit 6 Kohlenstoffatomen) Glukose dar.
Hemicellulose begleitet die Cellulose; sie ist ein Gemisch verschiedener Polysaccharide, vornehmlich Pentosen (Zucker mit 5 Kohlenstoffatomen).
Lignin ist ein weiteres, wahrscheinlich nicht einheitliches Polymer, das die eigentlichen Cellulosefasern umhüllt. Es stellt im Gegensatz zur Cellulose und der Hemicellulose keine aliphatische Verbindung dar, sondern enthält aromatische Gruppen.
Weitere Bestandteile des Holzes sind – je nach Holzart verschieden – Harze, Öle, Terpene u. a. Verbindungen.
Cellulose stellt eine lange Kette aus n Bausteinen Glukose dar, die der Chemiker als Formel folgendermaßen schreibt:
[-(C6H10O5)-]n
n ist dabei eine Zahl zwischen 1 und etwa 3000. Die freien Valenzen an den Kettenenden werden von H bzw. von OH eingenommen. So entsteht im einfachsten Fall H-C6H10O5-OH oder C6H12O6, ein Monosaccharid (n=1), z. B. die Glucose.
Es gibt verschiedene Monosaccharide; sie unterscheiden sich in ihrem räumlichen (»sterischen«) Aufbau. Der im Haushalt verwendete Rübenzucker ist ein Disaccharid (n=2) aus je einem Baustein Glucose und Fructose.
Wir befinden uns hier auf dem Gebiet der Polymer-Chemie, speziell dem der Polysaccharide. Zucker, Stärken und Cellulosen gehören zu dieser Verbindungsklasse.
Wenn man den monomeren Baustein rein formal als Kohlenstoffhydrat schreibt:
-C6{H2O}5-
Kohlen-Wasser-Stoff
wird zum Einem klar, warum diese Stoffklasse „Kohlenwasserstoffe“ heißt, und zum Zweiten, was geschieht, wenn man das Wasser H2O entfernt: schwarzer Kohlenstoff C bleibt übrig. Ähnlich formal kann man sich den Entwässerungsvorgang bei anderen Polymeren im Holz vorstellen.
Inkohlung
Das Entfernen des Wassers kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: durch hohen Druck bei mäßigen Temperaturen, durch Entzug des Wassers durch stark hygroskopische Substanzen (im Versuch z. B. durch konzentrierte Schwefelsäure) oder durch lange Lagerung in zumindest zeitweise arider Umgebung. Das Resultat solcher Prozesse ist immer ein zunächst graues, braunes, dann schwarzes Produkt, zunächst weitgehend in der ursprünglichen Gestalt. In Abbildung 1 ist das Ergebnis der Einwirkung konzentrierter Schwefelsäure auf einen Holzspatel gezeigt.
Abbildung 2 zeigt ein Holzscheit, das einige Jahre im Freien lag, der Sonne und den Atmosphärilien ausgesetzt. Die ursprüngliche typische Färbung von frischem Holz veränderte sich in Grau – ein (noch geringer) Gehalt an freiem Kohlenstoff deutet sich an. Alte Konstruktionen aus unbehandelten Hölzern wie Zäune, Stege, Feldscheunen zeigen dieses Grauwerden.
Solchen Entwässerungsprozessen unterliegt nicht nur Holz, sondern ihnen unterliegen auch andere Kohlenhydrate, wie sie z. B. in Samen vorliegen. Das Ergebnis sind dann z. B. die inkohlten Samenkörner, die gelegentlich bei Ausgrabungen gefunden werden. Sie sind oft so gut erhalten, dass eine Artenbestimmung erfolgen kann (Abbildung 3). Allerdings kann für das vorliegende Beispiel auch die glutheiße Gaswolke verantwortlich sein, die sich beim Ausbruch des Vesuvs über Pompeii verbreitete.
Beim Rösten von Kaffee laufen Inkohlungsreaktionen ab, nur dass hier die Temperatur sehr sorgfältig geregelt und auf 200 bis 220°C begrenzt wird. Für die Ausbildung der Aromen sind die in der Lebensmittelchemie auch sonst bedeutsamen Maillard-Reaktionen zwischen Aminen und Zuckern verantwortlich, die zu neuen färbenden, verkrustenden und aromatisierenden Verbindungen, den Melanoidinen, führen.
Verkohlung
Von Inkohlungsprozessen müssen die Verkohlungsprozesse unterschieden werden. Diese laufen bei erhöhten Temperaturen ab, intentionell in den Meilern der Köhler, ungewollt bei Schadfeuern. Holzkohle ist ein wichtiges Produkt des alten Waldgewerbes »Köhlerei«. Nebenprodukte sind der früher wichtige Holzteer (Verwendung u. a., abgemischt mit Schweinefett, als »Wagenschmiere«), Pech (ein festeres, höher siedendes Produkt, Verwendung z. B. zum Abdichten von Booten und Schiffen) sowie Holzessig und Holzgas, die ungenutzt in die Atmosphäre entwichen. Holzteer- oder -pechklumpen verraten heute noch frühere Standorte von Meilern.
Den Materialien Teer und Pech widmete sich 1993 ein internationales Symposium. Auch Eiweiß verkohlt; die Produkte sind z. B. Blutkohle, Tierkohle.[1]
Holzkohle
Das wichtigste durch Verkohlung erzeugte Produkt stellt die durch Köhlerei erzeugte Holzkohle dar. Sie ist ein sehr sauber verbrennendes Material, das z. B. die Alchemisten zum Beheizen ihrer Öfen verwendeten, das heute jedoch insbesondere zum Grillen, aber auch in Samowaren und Wasserpfeifen verwendet wird. Für Anwendungen in Medizin und Technik werden wegen ihrer adsorbierenden Eigenschaften Aktivkohlen aus verschiedenen Rohstoffen in besonderen Verfahren hergestellt, so aus Holz die Pflanzenkohle. Verkohlte Stäbe verschieden harter Hölzer dienen als Zeichenkohle.
Zu Pulver zerriebene Holzkohle diente vielfach als Schwarzpigment, z. B. in der Höhlenmalerei. Das Pulver wird in Bezug auf die Deckkraft jedoch von Ruß übertroffen.
Die Verwendung von Holzkohle zur Beheizung von Öfen in chemischen Laboratorien hielt bis in das 19. Jahrhundert hinein an. In einem um 1850 eingerichteten chemischen Laboratorium, das auf Schloss Reichenau in Graubünden erhalten ist, steht eine Laborofenzeile, die u. a. einen Trockenschrank für Pflanzenteile umfasst.[2] Hier trockneten der Chemiker Dr. Adolf von Planta und sein Assistent Dr. August Kekulé Pflanzen für ihre Untersuchungen der darin enthaltenen Alkaloide im direkten heißen Abluftstrom des Ofens, der zunächst ein Wasser- und ein Sandbad beheizte. Diese Kombination war nur möglich wegen der Reinheit der Verbrennungsabgase. Die getrockneten Pflanzen befinden sich noch heute in situ (Abbildung 4).
In der Literatur wird bei der Beschreibung von beheizten oder heizenden Geräten meist nur unklar von »Kohle« als Brennstoff gesprochen. Um zu entscheiden, welche Kohle gemeint ist, muss man die Eigenschaften der verschiedenen Kohlen bedenken. Hierzu genügt es meist, zwei Gruppen zu unterscheiden: Holzkohle einerseits und Braun-/Steinkohle andererseits.
Holzkohle hat den Vorteil der sauberen, nahezu geruch- und rückstandsfreien Verbrennung, Braun- oder Steinkohle verbrennt unter Geruchsbelästigung und starker Rückstandsbildung. Hiermit wird meist eine Zuordnung erfolgen können.
In Schriftquellen wird nicht immer zwischen Teer und Pech unterschieden. Auch hier wird man durch Bewertung der vorliegenden Anwendung feststellen können, welche Substanz gemeint ist.
Da reine Holzkohle keine organischen Bestandteile mehr enthält, stellt sie keine Grundlage für die Ansiedlung von Insekten, Bakterien oder Pilzen dar. Bei Ausgrabungen findet man gelegentlich Spuren von Holzkohle in Pfostenlöchern. Diese Funde deuten darauf hin, dass die Erbauer der betreffenden Anlagen die korrosionsschützende Wirkung einer Holzkohleschicht kannten: sie verwendeten angekohlte Baumstämme als Pfosten beim Bau ihrer Zäune oder Häuser.
Die Anwendung der sog. Feuerhärtung von Pfeil- oder Speerspitzen in alter Zeit ist umstritten. Entsprechende archäologische Funde sind nicht bekannt. Es ist jedoch plausibel, dass durch eine mäßige Wärmebehandlung über einer Glut Holzspitzen härter werden, weil »weichmachende« Komponenten entweichen. Allerdings ist zweifelhaft, ob eine solche Behandlung noch nach Jahrtausenden zu erkennen ist.
Fussnoten
Wojciech Brzeziński, Wojciech Piotrowski (Hrsg.), Proceedings of the First International Symposium on Wood Tar and Pitch July 1st – 4th 1993 at Biskupin Museum, Poland, Warszawa 1997. ↩
Peter Kurzmann, Das vergessene Laboratorium in Schloss Reichenau, Mittelalter – Moyen Age – Medioevo – Temp medieval 16, 2011/3, 88-99.
Peter Kurzmann, August Kekulé in der Schweiz, Mitteilungen der Fachgruppe Geschichte der Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker 22, 2012, 93-107. ↩