Die Verbreitung der Arnhofener Plattenhornsteine im Alt- und Mittelneolithikum entlang der Donauroute nach Niederösterreich
Die Erforschung der Distributionswege bayerischer Jurahornsteine im Neolithikum des Donauraumes hat in den vergangenen Jahren durch eine flächendeckende Gesamtaufnahme der Hornsteinimporte in Oberösterreich deutlich an Tiefenschärfe gewonnen[1].
Nun wird diese Materialstudie entlang der Donau nach Niederösterreich[2] fortgesetzt und liefert erwartungsgemäß neue Ergebnisse. Mit rund 450 km Entfernung von der Arnhofener Mine liegen die Funde im Einzugsbereich des niederösterreichischen Kamptales an der äußersten Peripherie der bekannten Arnhofener Verbreitung.
Erste Verbreitungsstudie
In einem frühen Stadium der Forschung, noch vor der Entdeckung des Feuersteinbergwerkes von Arnhofen, entstand im Donauraum um Kelheim und Regensburg eine Studie[3], die sich quantitiv mit den Anteilen der damals auffälligen Plattenhornsteine in Silexinventaren auseinandersetzte. Insgesamt konnten 46 Fundstellen mit Oberflächenfunden untersucht werden. Alle Fundplätze waren mehrphasig von der Linienbandkeramik bis in das Mittelneolithikum belegt.
Bei einigen Siedlungen lag der Schwerpunkt der Keramikfunde in der Bandkeramik, wie beispielsweise in Gebelkofen (Abb. 7, 10-12), Burgweinting und Niedertraubling im Landkreis Regensburg; bei anderen Fundkomplexen wie in Poign, Lkr. Regensburg, (Abb. 7, 13,14) sowie in Mitterfecking und Thaldorf im Landkreis Kelheim überwog der mittelneolithische Anteil im Keramikspektrum. Der deutliche Anstieg der Artefakte aus Plattenhornsteinen gegenüber den Knollenhornsteinen von der Linienbandkeramik zum Mittelneolithikum ist aus heutiger Sicht ein unmittelbarer Indikator für den Beginn des eigentlichen Tiefbaues im Hornsteinabbau von Arnhofen[4](Abb. 1). Nach eingehender Überprüfung für den Raum Regensburg[5] stammt auch der entsprechende Anteil an Knollenhornsteinen in den einzelnen Fundkomplexen aus dem Raum Abensberg und aus dem Arnhofener Abbau.
In der Folge zeigte dann eine detaillierte Materialaufnahme im niederbayerischen Vilstal[6](Abb. 2) eine deutliche Zweiteilung der Silexinventare für das Untere und das Obere Vilstal. Insgesamt konnten 144 Fundplätze mit rund 6000 Artefakten untersucht werden. Im Unteren Vilstal überwogen in allen Zeitstellungen von der Linienbandkeramik bis in das Mittelneolithikum Artefakte, die überwiegend aus Knollenhornsteinen des nahen Hornsteinabbaues von Flintsbach hergestellt worden waren. Der Anteil der Plattenhornsteine aus dem Arnhofener Abbau lag nur zwischen 15 und 25 Prozent. Dagegen erreichten im Oberen Vilstal in den vorwiegend mittelneolithischen Inventaren die Plattenhornsteine einen Anteil bis zu 80 Prozent. Was genau dahinter steht, bleibt unklar. Sicher aber spielt das Flintsbacher Bergwerk als Konkurrenzbetrieb zu Arnhofen eine Rolle.
Ebenfalls vor der eigentlichen Entdeckung des Hornsteinabbaues von Arnhofen im Landkreis Kelheim wurden aus der linienbandkeramischen Siedlung und dem zugehörigen Gräberfeld von Rutzing und Haid, Bezirk Linz-Land, Artefakte aus grau gebänderten Hornsteinen beschrieben, deren Herkunft aber seinerzeit noch im alpinen Raum vermutet wurde[7](Abb. 3). Heute steht fest, dass es sich dabei um Plattenhornsteine aus der Arnhofener Mine handelte. Besonders die erstklassig gearbeitete Pfeilspitze[8] aus Grab 13 mit Spondylusschmuck (Abb. 7, 6) ist ein Beleg der frühen Handelsbeziehungen der Bandkeramiker an der Donau.
Außengrenze der Arnhofener Verbreitung in Niederösterreich
Die Fundstellen im Raum Melk[9] mit Einzelfunden von Arnhofener Hornsteinen werden zum größten Teil der Bandkeramik zugeordnet. Zu den Lokalitäten zählen Pielach, Rosenfeld, Roggendorf, Lanzing, Lerchfeld und Sitzenthal im Bezirk Melk. Meist handelt es sich bei den Funden aber um Artefakte aus Knollenhornstein oder fladenförmigen Varietäten des Arnhofener Abbaues. Nur in Winden-Kronbichl, Stadtgemeinde Melk, liegen Klingen aus Plattenhornstein vor, die mit Keramikfunden in die Lengyel-Kultur datiert werden konnten. Weitere bandkeramische Funde waren zudem aus Poigen[10] im niederösterreichischen Bezirk Horn bekannt. Eine große Klinge entstammt dem Arnhofener Abbau (Abb. 7, 5), ein zweites Exemplar generell einem Vorkommen in der Südlichen Frankenalb.
Die Herkunft der Rohmaterialien wurde früher in den tertiären Mineralvorkommen des Waldviertels vermutet. Auch aus den mittelneolithischen Siedlungen von Untermixnitz und Obermixnitz[11] (Abb. 7, 4), Bezirk Horn, kannte man bereits Stücke aus Arnhofener Material. Weitere Einzelstücke gebänderter Hornsteine fanden sich danach in der Siedlung der stichbandkeramischen Grabenanlage von Frauenhofen bei Horn[12]. Auch aus einer Doppelbestattung in der mittelneolithischen Kreisgrabenanlage von Friebritz[13], Bezirk Mistelbach, lag bereits früher der Nachweis eines gebänderten Hornsteines vor.
Die neolithische Siedlungskammer des Horner Tertiärbeckens stand über das Kamptal direkt mit der Donau in Verbindung. So stammten in der lengyelzeitlichen Siedlung mit Kreisgrabenanlage von Kameg[14], Marktgemeinde Gars am Kamp, Bezirk Horn[15], unter den insgesamt 250 Silices zwei Artefakte aus gebändertem Hornstein aus dem Arnhofener Abbau. Ebenso gibt es im nahegelegenen Stallegg, Gem. Rosenburg-Mold, Bezirk Horn , in einer lengyelzeitlichen Siedlung eine Klinge aus Arnhofen (Abb. 7, 3).
Schließlich liegt aus der Fundstelle von Eggendorf am Walde[16], Bezirk Hollabrunn, am Rande des Horner Beckens ein größerer Fundkomplex mit Silexfunden vor. Die Datierung erfolgte über Keramikfunde in die Linienbandkeramik[17] und in die Lengyel-Kultur[18]. Die Gesamtzahl des untersuchten Gerätekomplexes[19] liegt bei 345 Exemplaren. Darunter befinden sich 59 gebänderte Plattenhornsteine, die eindeutig dem Arnhofener Abbau entstammen (Abb.7. 1, 2). Der Prozentanteil der bayerischen Importe liegt bei rund 17 Prozent (Abb. 4). Der Großteil der Klingen dürfte aus dem Mittelneolithikum stammen. Einige Restkerne und Präparationsabschläge zeigen, dass die Herstellung der Geräte aus Rohplatten oder vorpräparierten Kernen mit größter Wahrscheinlichkeit vor Ort stattfand.
Aus dem Raum Wien liegen derzeit keine Hinweise auf bayerische Importe vor. So fanden sich beispielsweise in der bandkeramischen Siedlung von Brunn am Gebirge, Bezirk Mödling, keine Arnhofener Plattenhornsteine. Vielmehr setzt sich hier der Großteil des Silexinventares aus ungarischen Obsidianen und Radiolariten zusammen.[20] Auf der Höhe des Kamptales wird somit eine Linie erreicht, die derzeit die Außengrenze der Verbreitung Arnhofener Plattenhornsteine für das Alt- und Mittelneolithikum Niederösterreichs darstellt.
Nur noch für die schnurkeramischen Gräber im südlich an die Donau angrenzende Traisental[21] liegt der Nachweis von zwei Silexdolchen aus Arnhofen vor.
Fußnoten
A. Binsteiner, Jungsteinzeitliche Hornsteinimporte aus Bayern in Oberösterreich. Linzer Arch. Forsch. Sonderh. 53 ( Linz 2015), 10-13. - Ders., Zur Rohstoffanalyse jungsteinzeitlicher Silexinventare im Raum Linz und in Oberösterreich. Arch. Korrbl. 38, 2008, 478- 479, 484, Abb. 5. ↩
An dieser Stelle danke ich Herrn HR Dr. Ernst Lauermann, NÖ Landesregierung, für die finanzielle Förderung bei der Materialaufnahme in Niederösterreich. ↩
F. D. Davis, Die Hornsteingeräte des älteren und mittleren Neolithikums im Donauraum zwischen Neuburg und Regensburg. Bonner H. Vorgesch. 10 (Bonn 1975) 52-58, Abb. 1. ↩
Dazu: A. Binsteiner, Die Lagerstätten und der Abbau bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittel – und Osteuropas. Jahrb. RGZM 52, 2005, 62-67. ↩
An dieser Stelle danke ich Herrn Dr. Andreas Boos, Museen der Stadt Regensburg, der eine Überprüfung der Museumsbestände ermöglichte. ↩
M. Schötz, Zwei unterschiedliche Silexabsatzgebiete im Neolithikum des Vilstales. Bayer. Vorgeschbl. 53, 1988, 2, Abb. 1. ↩
Ä. Kloiber und J. Kneidinger, Die neolithische Siedlung und die neolithischen Gräberfundplätze von Rutzing und Haid, Ortsgemeinde Hörsching, Politischer Bezirk Linz-Land, Oberösterreich. Jahrb. Oberösterr. Musver. ÖMV 113/1, 1968, 32-34, 42. ↩
Verbleib: Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz. An dieser Stelle danke ich Frau Dr. Jutta Leskovar und Herrn Univ. Doz. Dr. Bernhard Prokisch, OÖ Landesmuseum, sowie dem Stadtarchäologen von Linz, Herrn ao. Univ. Prof. Dr. Erwin M. Ruprechtsberger, die über Jahre hinweg meine Forschungsarbeit in Oberösterreich gefördert haben. ↩
G. Trnka, Niederbayerischer Hornsteinimport in das niederösterreichische Donautal im Raum Melk. In: B. Hänsel (Hrsg.), Zwischen Karpaten und Ägäis. Neolithikum und ältere Bronzezeit. Gedenkschrift für Viera Nemejcová-Pavúková. Internat. Arch. Studia honoraria 21 (Rahden/Westf. 2004) 309-321. ↩
E. Lenneis, Siedlungsfunde aus Poigen und Frauenhofen bei Horn. Prähist. Forsch. 8, 1977, 54, Taf. 11, 4499. ↩
H. Maurer, Obermixnitz. Fundber. Österreich 17, 1978, 239, Abb. 91. Verbleib: Sammlung Prof. Hermann Maurer, Horn, NÖ, dem ich an dieser Stelle für die Hilfe bei der Materialaufnahme in Horn danke. ↩
E. Lenneis, Die stichbandkeramische Grabenanlage von Frauenhofen, »Neue Breiten«, p. B. Horn, Niederösterreich. Arch. Austriaca 70, 1986, 137-204, Grube 14, Nr. 49. ↩
J.-W. Neugebauer et al., Die doppelte mittelneolithische Kreisgrabenanlage von Friebritz, NÖ. Fundber. Österreich 22, 1983, 91, Abb. 23,7. ↩
I. Mateiciucová und G. Trnka, Die Silexartefakte aus der Siedlung mit Kreisgrabenanlage von Kamegg, Niederösterreich, K Pocte Vladimíru Podborskému. Prátelé a žáci k sedmdasátým narozeninám. Ustav archeologie a muzeologie. Filozofická fakulta Masarykovy university v Brne (Brno 2004) 89–99, Abb. 14, 1. ↩
F. Berg, Rosenberg. Fundber. Österreich 7, 1956-1960, 18. ↩
J. Höbarth, Eggendorf am Walde, Fundber. Österreich 2, 1934-1938, 241. ↩
H. Maurer, Linearkeramische Siedlungsfunde aus Eggendorf am Walde, VB Hollabrun, NÖ. Fundber. Österreich 31, 1993, 179-183. ↩
H. Maurer, Lengyelzeitliche Plastiken von Eggendorf am Walde (BH Hollabrunn) und Kamegg (BH Horn), Niederösterreich. Das Waldviertel 62, Heft 21, 2013, 210-217. ↩
Verbleib: Höbarth-Museum der Stadt Horn. ↩
Auskunft Dr. Inna Mateiciucová, Universität Brünn. ↩
D. Kern, Migration and mobility in the latest Neolithic of the Traisen valley, Lower Austria: Archaeology. In: E. Kaiser, J. Burger, W. Schier, Population Dynamics in Pre- and Early History. New Approaches by Using Stable Isotopes and Genetics. Topoi - Berlin Studies of the Ancient World, 2012, 213-226; Fig. 5. ↩
7-9 Verbleib: Sammlung A. Binsteiner ↩