Friaul unter den Patriarchen in Cividale und Udine bis zur Machtübernahme Venedigs
War mit Sigwalt (756-785) unter Karl dem Großen noch ein Langobarde Patriarch von Aquileia, kam ein solcher ab Paulinus II. (787-802) nicht mehr in dieses Amt, dessen Macht und Einfluss sich bis Mitte des 11. Jh. ausweitete. Es blieb ab 1019 mit Popone/Volfangus über 200 Jahre in deutscher Hand. Die unsichere Lage Friauls stabilisierte sich, als der 1068 eingesetzte Sigehardus am 03.04.1077 die Feudalinvestitur mit dem Herzogsrecht über ganz Friaul erhielt und ihm Heinrich/Enricus darin nachfolgte. Die Patriarchen von Aquileia, Vettern und Brüder der in der Region ansässigen Herzöge, wurden damit zu Feudalherren des Reiches, denen die Kirche freie Hand bei der Machtausübung in den Lehngütern gewährte.
Durch den Machtzuwachs der einzelnen Adelsfamilien, die sich Anfang des 13. Jh. in einem friulanischen Parlament als Legislative organisierten, entstanden mit dem Erwerb weiteren Grundeigentums unautorisierte Burgen, frei von Heerbann und finanziellen wie materiellen Verpflichtungen, die der Patriarch, trotz z.T. persönlicher Bindung schleifen ließ. Das betraf u.a. Görz/Gorizia oder die Burg Zuccola bei Cividale, unmittelbar neben dem Amtssitz des Patriarchen (MIOTTI 1978 II, 14-19). Fehden der Adelshäuser zerrütteten ab Mitte des 13. Jh. das durch den Krieg gegen die Ghibellinen, häufige Erdbeben und Pestepidemien verarmte Friaul, ohne das es um eine Stellungnahme gegenüber kaiserlicher Partei oder Kirche und Papsttum ging. Größere Konflikte entstanden, als sich die Herzöge von Österreich (Naum/Partena) oder die Grafen von Görz/Gorizia gegen Aquileia/Cividale auflehnten. Auf deren Höhepunkt blieb das Amt des Patriarchen zwischen 1269 und 1273 unbesetzt. Die Auseinandersetzungen gipfelten im Mord an Patriarch Bertrand de´ St. Genies, den am 06.06.1350 Anhängern des Grafen von Görz erschlugen. Die dem Salzburger Capitel überstellte Mordwaffe wurde nach der Seligsprechung Bertrands nach Aquileia gesandt und bei ihm im Dom zu Udine bestattet (ZAHN 1883, 49).
Erst der politische, wirtschaftliche und administrative Aufstieg der Stadt Udine zwang die Feudalherren ab Mitte des 14. Jh. Kontakt und Freundschaft zu den auf Burg Soffumbergo bei Cividale residierenden Patriarchen zu suchen. Die urbane Blüte Udines beschränkte deren Einflusssphäre und bedrohte mit der Kontrolle des Marktes agrarischer Güter die wirtschaftliche Grundlage des Landadels. Udine sollte sich zum Zentrum der Region entwickeln und später neben dem Patriarchen und dem Statthalter der Patria del Friuli auch das Parlament des Adels mit Vertretern der Familienzweige von Cucagna beherbergen.
Mit Cividale entstand daher eine ausgeprägte Rivalität, die bis zum Ende der Patriarchenherrschaft andauerte. Unter dem Patriarchen Philipp von Alençon (1381-1387, † 1394), den Cividale für die Interessen der Stadt einnahm, entstand ein offener Konflikt gegen Udine, wo de facto die Savorgnan die Signorie ausübten und mit der Kurie konkurrierten. Darin wurde die aufstrebende und seit dem 11. Jh. den Seehandel kontrollierende Macht Venedig verwickelt, als König Siegmund (*15.02.1368, † 09.12.1437, von Luxemburg, ab 1433 Kaiser) versuchte, die innenpolitischen Schwierigkeiten zu nutzen, um Venedig dem Machtbereich des Reiches anzugliedern. Er besetzte Friaul, beendete die internen Fehden zu Gunsten der Savorgnan und setzte 1408 Ludovico II. von Teck als Patriarchen und 1418 Peter von Portugal symbolisch als Markgraf ein. Die Savorgnan begannen einen offenen Krieg gegen Venedig, den sie mit der Kapitulation Cividales 1419 und der Eroberung von Udine 1420 zwar verloren (GAETTI & POIANA 1978, 75ff), sich aber als Gefolgsleute Venedigs arrangierten und Separationsbestrebungen anderer Adelshäuser, deren Güter sie als Lehen anstrebten, unterdrückten.
Dem Patriarchen, in dessen Palast nun der Luogotenente/Statthalter residierte und dort das Parlament unter Kontrolle hatte, wurde bis auf Aquileia, San Vito al Tagliamento und San Daniele jegliche Kontrolle entzogen, er behielt aber weiterhin seinen Sitz vor Ort. Venedig wird zumeist eine aggressive Expansionspolitik unterstellt, obwohl Friaul befriedet und gegenüber türkischen Vorstößen verteidigt wurde (1415 erstmals in Slowenien, 1472 bis 1479 und 1499 im Friaul). Die Lehen aus Gütern der Kirche blieben unangetastet. Bis auf 1514, während des Krieges zwischen Kaiser Maximilian I. (* 22.03.1459 - † 12.01.1519) und Venedig, blieben Udine und Friaul unter venezianischer Herrschaft. Die Seemacht gewährleistete bis Anfang des 16. Jh. als Gegenpol zum die Dalmatinische Küste bedrohenden Osmanischen Reich Stabilität und Sicherheit. Dieser Konflikt nahm eine Dimension ein, in der die historisch und funktional/militärisch überholten mittelalterlichen Burgen keine Rolle mehr spielten. Letztlich resultierte daraus im Mittelmeerraum ein Wechsel in Kriegsführung und Verteidigungssystemen, weshalb Festungen die Burgen ablösten. Letztmals wurden die Burgen im österreichisch-venezianischen Krieg in Kämpfe verwickelt, die ihr Ende besiegelten.
Die unabhängig gebliebene Grafschaft Görz war 1490 Österreich vermacht und 1500 in Besitz genommen worden. Da Venedig ebenfalls Anspruch erhob, verbündete sich Maximilian I. 1508 mit Rom, Frankreich, Spanien und England in der Liga von Cambrai. Görz und Aquileia blieben mit Ende des Krieges 1516 bei Österreich, während Venedig die alten Patriarchengüter westlich des Iudro sicherte und die für Österreich eingetreten Burgherren abstrafte.