Plancher-les-Mines - ein Industriedenkmal aus dem 4. Jahrtausend v. Chr.
In dem Gebiet zwischen dem Jura und dem Südrand der Vogesen besteht ein Großteil der jungneolithischen Steinbeile aus einem charakteristischen, schwarzen, teilweise von helleren Lagen durchsetzten, quarzreichen Tonstein. Das Material, das mit der Zeit eine auffällige hellgraue Patina bekommt, konnte aufgrund seines hohen Quarzgehaltes wie Silex geschlagen werden, aber gleichzeitig durch den körnigen Charakter des Tonsteines auch gut geschliffen werden. Durch die Härte erhielt man eine sehr scharfe Schneide, wie es bei anderen Felsgesteinen nicht möglich war.
Das Vorkommen dieses signifikanten Gesteins wurde schon seit einer Arbeit von A. Glory von 1942 in den Südvogesen vermutet. Im Jahr 1989 unternahm eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von P. Pétrequin und Chr. Jeunesse einen ernsthaften Versuch, endlich das Vorkommen und die Abbaustellen zu finden. Sie durchsuchten die Bäche nach Geröllen aus diesem Gestein und wurden im Rahin, einem östlichen Nebenbach des Ognon fündig. In einem Seitental bei Plancher-les-Mines konnten in dem kleinen Bach Marbranche das anstehende Gestein und daneben die prähistorischen Abbauspuren entdeckt werden.
Am Westhang des Tête Ronde befinden sich auf einer Fläche von ca. 7 ha die heute noch gut im Gelände sichtbaren Abbaue. Sie liegen auf dem schmalen Ausbiß der steil nach Süden einfallenden Schicht. Heute sind die Abbaupingen noch als große Einbuchtungen am Hang erhalten, zu erkennen an der steileren Front und einer ebenen Plattform davor, die im Mittelalter oder der Frühen Neuzeit von Köhlern benutzt wurde, als im Tal Bergbau auf Silbererze betrieben wurde. Die Größe der Abbaupingen schwankt stark. Es gibt kleine Abbaue, bei denen die Plattform nur wenige Quadratmeter groß ist und die steile Front nur eine Höhe von ca. 2 m hat. Dagegen haben die größten Abbaue eine Plattform mit einer Länge von ca. 40 m, einer Breite von ca. 20 m und einer Front mit einer Höhe von 10-15 m.
Weil noch heute die gesamte Oberfläche mit altem Haldenmaterial bedeckt ist, das eine Dicke von über 2 m erreichen kann, ist die neolithische Bergbautechnik nur unvollkommen zu rekonstruieren. Aufgrund des plattigen Charakters des Gesteins ist es möglich, daß die Bergleute sich auf den Schichtflächen voranarbeiteten, indem sie eine Schicht auf dem Boden wegschlugen und anschließend die freihängenden Partien mit hölzernen Brechstangen und Keilen hereingewannen. Auf diese Art wären größere untertägige Hohlräume entstanden, die später durch die Abfälle der darüberliegenden Abbaue wieder zugeschüttet worden wären. Die gewonnenen Platten wurden direkt bei den Abbauen zu Rohbeilen verabeitet, was die Klopfsteine, Schlagabfälle und zerbrochenen Beilrohlinge auf den Halden anschaulich zeigen. Die grob zurechtgeschlagenen Beile wurden in die Siedlungen in der Gegend von Belfort transportiert und von dort weiterverhandelt. Erst in den Bestimmungssiedlungen wurden die bis dahin nur zurechtgeschlagenen Rohbeile zu fertigen Werkzeugen geschliffen.
Die Menge der produzierten Beile ist nur schwer zu ermitteln. Die französischen Forscher errechneten anhand der heute sichtbaren Abbauspuren ein Abbauvolumen von insgesamt 80.000 m3. In dieser Rechnung wurde jedoch nicht berücksichtigt, daß im Laufe der Zeit ein Großteil der Abbauspuren durch geologische Prozesse zugeschüttet wurde. So kann davon ausgegangen werden, daß das ursprüngliche Abbauvolumen um ein Vielfaches höher gelegen haben dürfte.
Auch die Zeitspanne der Abbautätigkeiten bei Plancher-les-Mines ist bei den Abbauen selber aufgrund fehlender Beifunde wie Keramik nicht zu ermitteln. Hier hilft ein Vergleich mit den Siedlungen, in denen Steinbeile aus Plancher-les-Mines gefunden wurden. Dieser Vergleich zeigt auch anschaulich die Bedeutung, die die Steinbrüche besaßen. Im Mittelneolithikum, also in der Zeit zwischen 4500 und 4200 v. Chr. wurden die ersten Beile von Plancher-les-Mines verwendet. Sie beschränkten sich jedoch noch auf einen schmalen Streifen entlang des Südrandes der Vogesen bis in das Rheintal. In der darauffolgenden Periode, zwischen 4200 und 3800 gewann Plancher-les-Mines während der Cortaillod-Kultur seine große Bedeutung und die Beile erreichten ihre größte Ausdehnung. Die Hauptverbreitung reichte im Westen bis an den Rand des Pariser Beckens und im Osten bis zu den Seeufersiedlungen am Bodensee, nach Norden bis in die Gegend nördlich von Colmar und im Süden bis in den Schweizer Jura. Außerhalb dieses Gebietes wurden einzelne Beile noch bis in eine Entfernung von über 300 km um Plancher-les-Mines gefunden. Nach 3600 v.Chr. wurden nur vereinzelt Beile aus dem Tonstein in Siedlungen gefunden, so daß davon auszugehen ist, daß in den Steinbrüchen bei Plancher-les-Mines nur noch eine geringe Abbautätigkeit stattfand, die lediglich für die Versorgung eines regional begrenzten Gebietes bestimmt war. Neben den neuproduzierten Beilen, die jedoch nicht mehr die Größe erreichten, wie in der Blütezeit der Produktion, wurden vielfach auch ältere Beile umgearbeitet. Mit der beginnenden Frühbronzezeit endete der Bergbau bei Plancher-les-Mines.
Rechnet man die sehr große Menge an produzierten Beilen gegen die relativ kurze Zeit, in der der Bergbau bei Plancher-les-Mines boomte, so wird das enorme Ausmaß dieser Aktivitäten klar. Täglich wurden wahrscheinlich mehrere hundert, wenn nicht sogar über tausend Beile hergestellt und verhandelt. In diesem Fall ist es nicht übertrieben in den Abbauspuren einen großen industrieartigen Komplex zu sehen, in dem die Beile fast "am Fließband" hergestellt wurden. Zusätzlich mußten die Bergleute mit den notwendigen Lebensmitteln versorgt werden, was auch einen organisatorischen Aufwand bedeutete.
Literatur
- Jeunesse Christian und Pétrequin, Pierre: La hache de pierre. Paris 1995