Einführung in die Montanarchäologie
Was ist Montanarchäologie?
ARCHÄOLOGIE will Geschichte schreiben und nutzt dazu vorwiegend die im Boden erhaltenen Überreste menschlichen Lebens. Auch MONTANARCHÄOLOGIE will Geschichte schreiben, sie ist der Zweig der Archäologie, welcher die Informationen von Bodendenkmälern und Funden des Berg- und Hüttenwesens (= Montanwesen) zur Interpretation nutzt. Sie fühlt sich nicht an bestimmte Zeitabschnitte gebunden, sondern an die Anwendung archäologischer Methoden bei Ausgrabungen über und unter Tage.
Bereitstellung und Beschaffung derartiger Informationen erfordern u.U. größeren Aufwand und können gefährlich sein. Bei aller Faszination unter Tage, Sicherheit ist oberstes Gebot. Alte Bergwerke sind Denkmäler und stehen unter Schutz. Abenteuersuchende haben darin ebenso wenig verloren wie verantwortungslose Mineraliensammler.
Was will die Montanarchäologie?
Um ihren Teil der Geschichte schreiben zu können, nutzt Montanarchäologie Spuren und Denkmäler montanistischer Tätigkeiten des Menschen: Mit MONTANWESEN sind Bergbau, Steinbrucharbeiten, Aufbereitung, Verhüttung und Verarbeitung von Metallerzen gemeint. Sie sucht und deutet Spuren menschlicher Tätigkeiten in den Bereichen mineralischer Rohstoffgewinnung bzw. -verarbeitung. Aus den dabei angewandten Techniken und deren allgemeinen Rahmenbedingungen ergibt sich der spezifische Beitrag der Montanarchäologie zur Kultur-, Sozial-, Wirtschafts- und Technikgeschichte.
Es gehört zu den Besonderheiten montanistischer Quellen, dass diese nicht allein von Archäologen ausgewertet werden können. Man ist von Anfang an auf interdisziplinäre Zusammenarbeit angewiesen. Dies gilt für die Bestimmung von Gesteinen und Mineralien ebenso wie für die Rekonstruktion technischer Prozesse oder Herkunftsstudien. Erze, Ofenkeramik, Schlacken und Metalle werden von der Montanarchäologie zur Verfügung gestellt und bilden die Basis der Archäometallurgie. Weitere naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden im Bereich der Montanarchäologie können als Montanarchäometrie zusammengefasst werden.
Was beinhaltet Montanarchäologie?
Montanarchäologie meint mehr als Bergbauarchäologie, denn neben solchen des Bergbaus legt sie auch die archäologischen Hinterlassenschaften hüttentechnischer Arbeitsprozesse frei, um sie zu datieren und in ihrem kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld zu verstehen. Analytik und Interpretation der Verhüttungsabfälle ist Aufgabe der Archäometallurgie. Musste sich die Forschung zum alten Bergbau in den 70er und 80er Jahren hauptsächlich um die Grundlagen und damit verstärkt um Techniken, Geräte und Verfahren bemühen, so ist ihre Basis allmählich breit genug, um sich auch Themen wie Organisationsstruktur, Technologietransfer oder Handelsströmen zuwenden zu können.
Was ist Bergbau?
Bergbau ist ein Sammelbegriff für alle planmäßigen Arbeiten zur Aufsuchung, Gewinnung, Förderung und Aufbereitung der in der Erdrinde zu Lagerstätten angehäuften Mineralien und nutzbaren Gesteine. Sie finden entweder im Tage- oder im Tiefbau statt, die beide seit dem Paläolithikum nachgewiesen sind. Noch im 18. Jh. schloss der Begriff "Bergbau-Kunst" auch das Hüttenwesen ein, heute wird beides mit dem Terminus "Montanwesen" erfasst.
Was ist Aufbereitung?
Aufbereitung in alter Zeit ist die Verarbeitung von bergbaulichen Rohstoffen (Haufwerk) und Zwischenprodukten (z.B. Schlacke mit Kupfer, Eisenluppen) zu technisch weiterverwertbaren Produkten auf physikalischer Grundlage. Allerdings spielen sich beim Rösten und Amalgamieren auch chemische Prozesse ab. Aufbereitung findet trocken oder nass statt.
Was ist Verhüttung?
Verhüttung ist die Verarbeitung von aufbereiteten Erzen zu Metallen durch chemisch-physikalische Hochtemperaturprozesse.
Welche Ergebnisse der Montanarchäologie sind die augenfälligsten ?
Neben Erkenntnissen zur Kultur-, Sozial-, Wirtschafts- und Technikgeschichte für ur- und frühgeschichtliche, antike und mittelalterliche Zeiten ergibt sich immer öfter, dass montanarchäologische Gelände- und Grabungsarbeiten den Beginn der Ausbeutung von Lagerstätten weiter in die Vergangenheit und vor die durch Schriftquellen angezeigten Daten verlegen. Wegen der Lückenhaftigkeit der schriftlichen Überlieferung ist dies fast die Regel. Dadurch ist die Wirtschaftsgeschichte mancher Region neu zu schreiben. Jüngste Beispiele in Deutschland dafür sind der Harz (Klappauf) sowie das Bergische (Gechter) und das Siegener Land (Dahm et al. 1998).
Was sind die Quellen der Montanarchäologie?
Es versteht sich von selbst, dass technische und historische Aussagen nur so gut sein können wie die zur Verfügung stehenden Quellen. Diese sind in primäre und sekundäre Quellen zu unterteilen.
Primäre Quellen:
Optimal sind gut beobachtete Funde und Befunde sorgfältiger Ausgrabungen in Bergwerken, Erzaufbereitungsstellen, Hüttenplätzen und Werkstätten (Pittioni 1968). Undatierte Funde, wie etwa aufgelesene Schlacken, können kaum etwas zur Metallurgie- und damit Menschheitsgeschichte beitragen.
Sekundäre Quellen:
- Schriftquellen (u.a. auch Codices, Epigraphik, z.B. Hieroglyphentexte an Türkisbergwerken im Sinai)
- Bildliche Darstellungen auf Architekturteilen, Grabsteinen, Siegeln, Miniaturen, in Codices
- Numismatik von Bergbaugeprägen
Wie Prähistorie insgesamt, kommt auch die Montanarchäologie nicht ohne die Analogien zur Ethnologie aus (Montanethnographie). Experimentelle Archäologie kann helfen, Prozesse besser zu verstehen.
Was sind die Spuren montanistischer Tätigkeiten an der Oberfläche ?
Bergbau:
- Furchen/Graben-, Trichter-, Tellerpingen
- Verhaue
- Hang- bzw. Ringhalden
- Wassergräben
- Tagesbrüche von Stollen und Weitungsbauen
- Röschen zu verbrochenen Stollenmundlöchern
- Ruinen von Gebäuden, Befestigungen und Siedlungen
Aufbereitung:
Abgesehen von Sedimenten feiner Waschabgänge, den sog. Scheidehalden, sind Poch-Unterlagsteine, Klopfsteine und Mühlsteine die am häufigsten zu findenden Arbeitsgeräte dieser Tätigkeiten. Pochen und Mahlen umschreiben die Zerkleinerung etwa von Erzen vom Groben zum Feineren. Die verschiedenen Feinheitsgrade können an den unterschiedlichen Spuren auf den Geräten angesprochen werden. Häufiger finden sich Poch- und vor allem Mahl- und Mühlsteine. Aber auch Schlacken werden aufbereitet, das Haldenmaterial ist dann fein zerschlagen.
Verhüttung:
- Schlackenhalden als Indikatoren von Schmelzplätzen und verschiedenen
- Schmelzprozessen
- Ofensteine
- Ofenbruch
- Zeigerpflanzen
Welche Forschungsmethoden hat die Montanarchäologie?
Zur Erforschung bergbau- und hüttentechnischer Arbeitsprozesse müssen deren Überreste untersucht werden. Da sie meistens nicht im Altsiedelland stattfanden, müssen sie erst gefunden werden. Dies kann zufällig oder durch systematische geophysikalische Prospektion geschehen (Klappauf 2000).
Umfangreiche Geländearbeiten führen zur Erfassung prähistorischer, antiker oder mittelalterlicher Spuren von Montanaktivitäten und ihrer -reviere. Dabei sind Verhüttungszeugnisse oft leichter zu finden als bergbauliche Überreste. Siedlungs-, Befestigungs- oder Spuren alter Wege informieren über das wirtschaftliche und soziale Umfeld, in dem diese Spuren einst entstanden waren, über Organisation, Infrastruktur und im günstigen Falle über den bergrechtlichen Rahmen, kurz, über das Leben der Bergleute. Manchmal kann sogar etwas über ihr Freizeitverhalten (Spiele) herausgefunden werden.
Ausgrabungen alter Bergwerke liefern die entscheidenden Informationen zum ehemaligen Zweck der Arbeiten, zu den angewandten bergmännischen Techniken, zur Organisation und zu ihrem zeitlichen Ansatz. Aber oft können nur noch naturwissenschaftliche Untersuchungen das ursprüngliche Ziel des Bergbaus ermitteln.
Geologie, Mineralogie und die Ingenieurwissenschaften des Bergbaus helfen mit, die gemachten Beobachtungen zu verstehen.
Markscheiderische (vermessungstechnische) und fotografische Dokumentationen ober- und untertägiger Spuren bilden die Grundlagen für genaue Beschreibungen. Planunterlagen sind Voraussetzung, bergrechtliche Rahmenbedingungen zu erkennen.
Besondere Funde können technikgeschichtliche Bedeutung als "Leitfossil" erhalten.
Mineralische Rohstoffe sind selten so, wie sie aus dem Boden oder dem Berge kommen, zu gebrauchen. Sie müssen zugute gemacht werden, für die Metallerze spricht man von Aufbereitung. Diese vorbereitenden Tätigkeiten hinterlassen oft deutliche Spuren.
Zur Gewinnung von Metallen aus den Erzen werden diese unter hohen Temperaturen chemischen Prozessen, d.h. einer Verhüttung unterzogen. Bei der angestrebten Trennung des Metalls aus dem Gestein durch Schmelzen entsteht viel Abfall, die sogenannte Schlacke. Da die Schmelzprozesse aufgrund wechselnder Erze im Laufe der Geschichte immer weiter verbessert werden mussten, änderte sich auch das Erscheinungsbild der Schlacken. Im günstigsten Fall kann man sie damit datieren.
Schlacken sind der Hauptindikator für ehemalige Verhüttungsplätze. Hinzu kommen verschlackte oder durch Hitze geprägte Ofensteine oder -fragmente, Röstbetten, in günstigen Fällen Gebläsedüsen. Spuren der Vermeilerung von Holz zu Holzkohle sind oft nicht zu übersehen. Schlackenhalden können im Gelände gut erkennbar sein, weil ihr Schwermetallgehalt entweder Vegetation verhindert oder nur einen speziellen Bewuchs zulässt (Galmeiveilchen, Schaumkresse). Wie beim Bergbau können Siedlungsreste, alte Wege, Wassergräben oder die Dämme von Stauweihern weitere Hinweise zur Infrastruktur liefern.
Die naturwissenschaftliche Erschließung des Weges von der Lagerstätte zum Fertig- bzw. Handelsprodukt ist Aufgabe der Archäometallurgie. Sie bemüht sich durch die Analytik von Erzen, Schlacken und Metallfunden, die Technologie früher Hochtemperaturprozesse zur Gewinnung und Veredelung der Rohstoffe zu rekonstruieren. Die Provenienz des Metalls aus zu identifizierenden Erz-Lagerstätten und zur Herkunft von anderen archäologischen Werkstoffen ist ein wichtiges Forschungsziel. Botaniker untersuchen Fragen der Brennstoffversorgung, um die montanistischen Aktivitäten in den Umweltverhältnissen früherer Zeiten und ihre Wirkung auf diese zu erfassen.
Wie werden Bergbau und Verhüttung beschrieben?
Zum Beschreiben von Bergbauspuren über und unter Tage hat man sich, wie bei anderen Gewerben auch, der Fachsprache des Bergbaus zu bedienen. Das gleiche gilt für die Begriffe aus der Hüttenkunde.
Standardmäßig wird der Bergbau in 10 technische Bereiche eingeteilt, die aus der Sicht der Montanarchäologie noch um weitere 9 Felder zu ergänzen sind.
Bergbau - Systematik | Mining operations |
1. Aufsuchen der Lagerstätte | 1. Prospecting |
2. Aufschließen der Lagerstätte | 2. Opening of the deposit |
3. Gewinnung | 3. Winning |
4. Abbau der Lagerstätte | 4. Exploitation |
5. Grubenausbau | 5. Supporting |
6. Fahrung | 6. Riding |
7. Förderung | 7. Hauling |
8. Wasserhaltung | 8. Draining |
9. Wetterführung | 9. Ventilation |
10. Beleuchtung | 10. Light |
11. Markscheidekunst | 11. Art of surveying mines |
12. Betriebswesen, Organisation | 12. Operating, organization |
13. Arbeitsverfassung | 13. Legal situation (miners) |
14. Bergrecht | 14. Mining-rights |
15. Ideologie, Religion | 15. Ideology, religion |
16. Leben der Bergleute, Freizeit | 16. Miner' s daily life, etc. |
17. Aufbereitung | 17. Benefication of ores etc. |
18. Hüttenwesen | 18. Smelting |
19. Handel, Handelsformen | 19. Commerce, shape of products |
Natürlich ist jeder Punkt dieses Systems weiter spezifiziert, so unterscheiden sich z.B. die Hüttenverfahren zur Darstellung der verschiedenen Metalle und ihre Verfahren der Weiterbe- und verarbeitung.
Beispiele montanarchäologischer Ergebnisse
Pigmente
Keinesfalls gehören Erze zu den einzigen aus der Erde bergmännisch gewonnenen Rohstoffen. Von besonderer Bedeutung war und ist Kochsalz für den Verzehr. Aber mineralische Farbstoffe wie Ocker oder Zinnober gehören zu den ältesten untertägig gewonnenen Rohstoffen. Ein Rötelbergwerk auf der Insel Thasos in der Nordägäis gehört mit einem Alter von 20.000 Jahren in die jüngere Altsteinzeit (Koukouli-Chrysanthaki / Weisgerber 1999). Besonders zur Zeit der Bandkeramik spielte zu Rötel geriebener oder gemahlener Hämatit eine große Rolle, wie die vielen Hämatitstücke mit Abriebspuren in den Siedlungen zeigen.
Feuerstein und Hornstein
Mit 33.000 Jahren sind die paläolithischen Feuersteinbergwerke in Ägypten noch älter als die Rötelbergwerke auf Thasos (Vermeersch 1955). Die meisten Feuersteinbergwerke gehören aber ins Neolithikum, allein in Europa sind es mehr als 200 (Weisgerber et al. 1999). Im Orient spielten Gewinnung und Handel von Obsidian in der gleichen Zeit eine große Rolle (Pollmann 1999).
Felsgesteine
Felsgesteine hatten schon zu Zeiten des Australopithecus eine wichtige Funktion zur Herstellung von Steingeräten. Bergmännisch in Steinbrüchen gewonnen wurden sie seit dem Neolithikum. Gute Beispiele sind der Zobten für Serpentinit (Schlesien; Wojchiechowski 1984), die Steinbrüche auf Phyllitquarz bei Plancher-les Mines (Südvogesen; Pétrequin et al. 1995, s. Beitrag Maass), die Doleritbrüche bei Séledin (Bretagne; Roden 1983). Im Neolithikum wurden anscheinend grüne Gesteine (Serpentin, Jadeit) bevorzugt, die sich auch durch eine große Zähigkeit auszeichnen.
Schmucksteine (Halbedelsteine)
Grüne Schmucksteine, wie etwa Variszit, waren nicht nur im Neolithikum Europas, sondern auch dem des Vorderen Orients sehr gefragt. In Can Tintorer bei Barcelona wurde Variszit im 3. Jtd. in großen Bergwerken untertägig gewonnen und bis Portugal und die Bretagne exportiert (Cierny 1991; Villalba 1997).
In der orientalischen Bronzezeit bekamen blaue Schmucksteine wie Lapislazuli und Türkis eine große Bedeutung bei der herrschenden Elite, seien es mesopotamische Stadtkönige oder die ägyptischen Pharaonen gewesen. Um die Türkislagerstätten des Sinai unter ihre Kontrolle zu bringen, führten die Pharaonen bereits im 3. Jtd. v.Chr. die ersten historisch überlieferten Kriege um Rohstoffe.
Kupfer
Nach der Nutzung von gediegenem Kupfer in Anatolien seit 8000 v.Chr. führte spätestens das Erschmelzen von Kupfer aus oxidischen Erzen seit dem 5. Jtd. zu deren bergmännischer Gewinnung. Das bislang älteste Bergwerk wurde in Aibunar in Bulgarien für das 5. Jtd. festgestellt, ihm können zahllose Funde von kreuzständigen Äxten zugeordnet werden (Cernych 1978). Ein ähnlich altes Bergwerk in Rudna Glava (Jovanovic 1982) wurde wahrscheinlich nur zur Herstellung grüner Perlen aus Malachit betrieben, jedenfalls lassen sich ihm keine Metallfunde zuordnen (Pernicka 1990). Montanarchäologisch untersucht sind die Bergwerke des 4. Jtds. in Fenan in Jordanien, wo es auch solche des 3.-1. Jtds. v.Chr. gibt. Archäometallurgische Untersuchungen konnten zeigen, dass die Erze von Fenan seit dem 5. Jtd. in die Siedlungen der Levante exportiert wurden und in den dortigen Metallfunden wiedererkannt werden können. Im 3. Jtd. wird das industriell erschmolzene Metall in Form halbmondförmiger Barren exportiert (Hauptmann 2000). Altägyptische Bergwerke des 2. Jtds. machen den Hauptteil der Gruben in Timna (Israel) aus (Conrad et al. 1990).
Die ältesten Bergwerke Mitteleuropas liegen in Südfrankreich (Ambert 1995), wenig jünger mögen die der Slowakei sein. Ab dem 2. Jtd. spielen die Lagerstätten der Alpen eine überragende Rolle. Dennoch gibt es auch hier Schmuck und Geräte seit dem 4. Jtd. v.Chr. Die Wiederaufnahme des Mitterberger Kupferbergbaus 1843 führte zur Entdeckung prähistorischer Kupferbergwerke. Sie sind immer noch die, welche die vielfältigsten Funde lieferten, da im Cu-haltigen Wasser organische Funde gut konserviert worden waren (Zschocke et al. 1932). Jüngst wurden im Revier von Schwaz in Tirol weitere "Heidenzechen" als bronzezeitlich erkannt. In Deutschland haben Untersuchungen zur mittelalterlichen Gewinnung von Kupfererzen im Harz in jüngster Zeit an Bedeutung gewonnen (Klappauf 2000).
Zinn
Seit Schliemann's Tagen ist die Frage nach der Herkunft des Zinns für die Bronze immer wieder gestellt, aber niemals beantwortet worden. In Europa denkt man an die Lagerstätten von Cornwall, der Bretagne und des Erzgebirges. Prähistorische Nachweise sind aber selten (Willies 1995). Im Orient, wo die Verwendung der Bronze bereits im 3. Jtd. beginnt, ist diese Frage viel schwieriger zu beantworten, da weit und breit kein Zinn vorkommt. Erst in jüngster Zeit konnten in Mittelasien bronzezeitliche Zinnbergwerke untersucht werden (Alimov 1998).
Silber
Obwohl seit dem 5. Jtd. im Orient stark benutzt, haben Fragen zur Herkunft des Metalls noch nicht die ihnen zukommende Bedeutung erfahren. Montanarchäologisch und archäometallurgisch wurden aber Silberbergwerke bereits für das 3. Jtd. auf der Insel Sifnos in der Ägäis belegt, zusammen mit dem Kupellationsprozeß zur Gewinnung des Silbers aus dem Blei (Wagner et al. 1985). Dieser Prozess war im Iran aber mindestens seit dem 4. Jtd. bekannt. Besser beschrieben sind die Bergwerke des 2. Jtds. und der klassischen griechischen Zeit von Thasos (Wagner et al. 1988) und Laurion in Attika (Conophagos). Für das Mittelmeer wurden der Bergbau mit seiner Siedlung auf dem Altenberg bei Müsen im Siegerland untersucht (Dahm et al. 1998). Ähnliche Forschungen fanden auf dem Treppenhauer in Sachsen statt (Schwabenicky 1988).
Gold
Da Gold fast zeitgleich mit Kupfer archäologisch um 4000 v.Chr. deutlich an Bedeutung gewinnt, ist man geneigt, darin eine Beziehung zwischen sich entwickelnden montanistischen Tätigkeiten und einer Veränderung der Gesellschaftsstruktur zu sehen. Die Gräber von Varna an der Schwarzmeerküste enthalten neben Spitzenerzeugnissen der Feuersteinnutzung viel Kupfer und Gold. Geräte mit symbolischer Bedeutung (Zepter) weisen eine Elite aus. Ähnlich verhält es sich in Anatolien im 4. Jtd. und in Mesopotamien im 3. Jtd., wo die "Königsgräber" von Ur eine Elite ausweisen, die ihre Luxusgüter oft von weither bezog, etwa Lapislazuli aus Nordafghanistan.
Allerdings gibt es kaum montanarchäologisch untersuchte Goldbergwerke. Zwar wird landläufig angenommen, dass dem Tiefbau auf Gold das Waschen des Edelmetalls aus alluvialen Lagerstätten in Seifen vorausging, aber auch dazu fehlen die Belege. Immerhin wurden bronzezeitliches Goldwaschen für Böhmen nachgewiesen (Kudrnác 1977). Umfangreichen Goldbergbau betrieben die Ägypter (Klemm 1993). Als sensationell müssen die jüngst freigelegten keltischen Goldbergbaue in Südfrankreich angesehen werden (Cauuet 1994). Die gewaltigsten Goldbergbaue fanden zur Römerzeit auf der Iberischen Halbinsel statt (Domergue 1987).
Eisen
Wenn auch durch archäometallurgische Untersuchungen an Fundobjekten der Beginn der Eisenerzeugung in Anatolien bereits bis ins 3. Jtd. v.Chr. vorverlegt werden konnte (Yalçin 1999), so bleibt die bedauerliche Tatsache, dass Untersuchungen von bergbaulichen Zeugnissen des Eisenerzbergbaus sehr spärlich sind. Im Tagebau der Grube Staszic in Rudki in Polen wurde ein germanischer Tiefbau mit gut erhaltenem Holzausbau entdeckt, der in die Kaiserzeit datiert, eine Zeit in der auch die Siedlung unterhalb des Bergwerks bestanden hat (Bielenin 1978).
Im nördlichen und östlichen Mitteleuropa wurden zur gleichen Zeit verschiedene Eisenerze in sog. eingetieften Rennöfen verhüttet. Diese Hüttenplätze mit jeweils vielfachen Ofenstandorten gibt es in sehr großer Zahl (Bielenin 1978, Jöns 1997). Im Westen waren die keltischen Schmelzöfen im Siegerland in die Hänge von Oberläufen kleiner Bäche gebaut worden. Nach den Anstrengungen der 1930 Jahre stehen hier aber eingehende Untersuchungen noch aus. Neuerdings konnten auch in Süddeutschland keltische Rennöfen ausgegraben werden (Gassmann 1996).
Salz
Bereits seit dem Neolithikum wird Speisesalz aus Sole versotten. Auch während der Bronzezeit, verstärkt aber in der Eisenzeit findet das Versieden salzhaltiger Quellwässer an zahlreichen Stellen Europas von der Nordseeküste bis zum Schwarzen Meer statt. In Deutschland wurde spätbronze-/eisenzeitliches Salzsieden besonders im Gebiet um Halle untersucht (Riehm 1969). Zuletzt fanden Forschungen in Bad Nauheim statt, wo die Kelten eine industrielle Salzproduktion betrieben (Vogt 1996).
Wenn auch bereits in der Spätbronzezeit in Hallstatt beginnend, gewann die bergmännische Gewinnung von Steinsalz aus den Salzstöcken von Hallstatt und Hallein ihre große Bedeutung in der Eisenzeit. Für die Montanarchäologie sind die dortigen Forschungen von nicht zu überschätzender exemplarischer Bedeutung, weil an beiden Revieren die Forschungen bereits sehr lange laufen und dadurch Informationen gewonnen werden konnten, welche für die meisten Metallerz-Reviere noch lange ausstehen werden. Das gilt besonders wegen der exzeptionellen Erhaltungsbedingungen für organische Stoffe, wegen der weit über den Bergbau hinaus möglichen Beobachtung bergmännischer Infrastruktur (Siedlungen), Arbeitsverfassung (z.B. Kinderarbeit), Kultgebräuche und gesellschaftlicher Organisation (Gräberfelder, Gesundheitszustand) und dem Anschluss an internationale Handelsströme (Vermarktung des Produkts Salz). Beiden Revieren hat der Salzbergbau über Jahrhunderte Wohlstand beschert.
Die Bergtechnik kann in beiden Revieren gut rekonstruiert werden, zumal die zur Anwendung gekommenen Gezähe vollständig überliefert sind. Seit der Bronzezeit ist eine fortschreitende Anpassung an die Lagerstätte zu bemerken. Waren es noch in der beginnenden Spätbronzezeit primär söhliger Vortrieb in schrägen bzw. schachtartigen Gesenken, so wurde der Bergbau mit der Hallstattzeit raumgreifender und der Lagerstätte angepaßt. In den größeren Hallen wurde im Firsten-Stoß-Abbau reines Kernsalz in großen Blöcken (herzförmige Abbaufiguren) gewonnen, während das tonige Haselgebirge bzw. das unrentable kleine Salz meist in den Abbauhohlräumen verblieben. Mit der Frühlatènezeit wurde dieser Bergbau noch raumgreifender und beinahe "industriell" - beobachtet in einer Reihe gleichzeitig betriebener Abbaureviere am Dürrnberg bei Hallein. Erstmals ist hier ein flächiger Überfahrungsbergbau nachgewiesen, der zu "Aussalzung" der reichen Kernsalzschichten aus dem umgebenden Haselgebirge führte, fallweise in mehreren Etagen (Stöllner 1996).
Wer betreibt Montanarchäologie?
Zum Glück hat das Fach in den beiden letzten Jahrzehnten größere Akzeptanz gefunden. UNIVERSITÄTSINSTITUTE von Münster (Fe im Hessischen Bergland), Freiburg (Ag im südlichen Schwarzwald, Cu im südlichen Frankreich), München (Au in Bayern und Böhmen), Innsbruck (Cu in Tirol), Mulhouse (Ag in den Vogesen), Toulouse (Au in Iberien und Limousin), Lyon (Ag in Melle) betreiben Projekte. Auch die DENKMALÄMTER Bayerns, des Rheinlandes, Sachsens und Baden-Württembergs bringen die Montan-Forschung archäologisch voran. Eine wichtige Rolle spielt der Lehrstuhl für Archäometallurgie an der Technischen Universität und Bergakademie Freiberg.
In der montanarchäologischen Forschung insgesamt hat das DEUTSCHE BERGBAU-MUSEUM BOCHUM (DBM) eine besondere Bedeutung, sowohl was den prähistorischen Bergbau, als auch, was die Archäometallurgie betrifft.
Durch die Gründung der VULKANPARK GMBH der Rhein-Mosel-Eifel-Touristik und des Röm. Germ. Zentralmuseums Mainz mit Sitz in Mayen hat endlich auch die systematische Erforschung des ur- und frühgeschichtlichen und antiken Steinbruchwesens begonnen, zumindest im Eifel-Revier.
Laufende Projekte von deutschen Institutionen
Institut für Ur- & Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Freiburg:
- Frühgeschichte des Erzbergbaus im Schwarzwald
Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Münster:
- Archäometallurgische Untersuchungen zur frühen Eisengewinnung in der deutschen Mittelgebirgszone
Bochum, Deutsches Bergbau-Museum:
- Prähistorische Salzgewinnung am Dürrnberg bei Hallein
- Frühester Kupferbergbau in Iran
- Bronzezeitlicher Zinnbergbau in Mittelasien (Zus. mit DAI Eurasien Abt., der TU Freiberg und den nationalen Akademien Usbekistans und Tadschikistans).
- Römischer Bergbau in Deutschland:
- a) Blaupigmente in Wallerfangen/Saar;
- b) Blei/Silberbergbau im Bergischen Land (zus. mit dem Rhein. Amt f. Bodendenkmalpflege, Zweigstelle Overath)
- c) Frühe Metallgewinnung im Mittleren Lahntal (zus. mit. dem Vorgeschichtlichen Seminar in Marburg).
Weitere - auch internationale - Projekte zur Montanarchäologie sind auf einer eigenen Seite zusammengestellt: [Informationen zur Montanarchäologie im Internet]
Literatur zur Montanarchäologie
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- Alimov, K. & Boroffka, N. & Bubnova, M. & et al., Prähistorischer Zinnbergbau in Mittelasien. In: Eurasia Antiqua 4, 1998, 137-199.
- Bachmann, Hans-Gerd, The identification of slags from archaeological sites. Inst. of Arch. Occ. Public., London 1982.
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