Der Limes im Museum
Die neue Ausstellung des Limesmuseums in Aalen
Unter den zahlreichen Orten an der rund 550 km langen Strecke des Limes zwischen Rhein und Donau nimmt Aalen eine herausragende Position ein.
Hier waren zum einen vor 1800 Jahren etwa 1000 römische Reitersoldaten im größten Reiterkastell nördlich der Alpen stationiert, und hier steht seit 1964 mit dem Limesmuseum Aalen, einem Zweigmuseum des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart, auch das größte Römermuseum entlang der Limesstrecke.
Das Museum liegt direkt auf der Hauptstraße des ehemaligen Kastells. Vor dem Haus erblickt der Besucher die ergrabenen Reste des linken Lagertores und die Museumsfenster gestatten den Blick auf die eindrucksvollen Reste des Stabsgebäudes auf dem Freigelände. Das Limesmuseum verbindet so in glücklicher Weise die museale Präsentation direkt mit dem historischen Ort des Geschehens!
Nach der baulichen Erweiterung in den Jahren 1979-1981 hat das Limesmuseum im Jahr 2000 einen weiteren großen Entwicklungsschritt getan, der sich in zwei Teilbereichen vollzog. Der erste umfasste die bauliche Erweiterung des Museums durch einen Anbau mit einem deutlich vergrößerten Foyerbereich als Aufenthalts- und Verkehrsraum für die zahlreichen Gruppenbesucher und einem abgeschlossenen museumspädagogischen Bereich für die gezielte Projektarbeit. Der neue Museumsanbau, der sich mit seiner modernen Architektur an den preisgekrönten Hauptbau aus dem Jahre 1981 anlehnt, beherbergt als Hauptattraktion auch noch einen originalen 8 m tiefen römischen Brunnen, der bei den Bauarbeiten entdeckt und an Ort und Stelle erhalten wurde. Er diente, direkt hinter dem Kastelltor gelegen, der Wasserversorgung von Mensch und Tier.
Der zweite Bereich umfasst die Neukonzeption der Dauerausstellung, die im Gegensatz zu der alten Ausstellung eine inhaltliche Profilschärfung anstrebt. Stärker als bisher wurde das Limesmuseum als historisches Themenmuseum gestaltet, um es damit von anderen römischen Museen unterscheidbar zu machen. Dabei geht es nicht so sehr um eine rein "technische Rekonstruktion" der Vergangenheit, bei der sich das Lernziel auf die Wiedererkennung gleicher oder vergleichbarer Gegenstände in Vergangenheit und Gegenwart beschränkt.
Auch wurde keine primär denkmalpflegerisch orientierte Darstellung mit dem Limes als Objekt archäologischer Ausgrabungen und der dabei angewandten Grabungsmethoden geplant. Die Vorgabe eines historischen Themenmuseums stellt den Limes, das römische Grenzsystem, vielmehr als historisches Phänomen und die an seiner Entstehung und Überwachung beteiligten Soldaten als historische Subjekte in den Mittelpunkt der Ausstellung, wobei nicht nur die Frage nach dem "Wie war das damals ?", sondern auch nach dem "Warum ?" beantwortet wird. Die in zwei Etagen angeordnete Ausstellung beschäftigt sich im Obergeschoss primär mit den militärischen Themen, während im Erdgeschoss das zivile Leben am Limes im Vordergrund steht.
In einem weiteren Ausstellungsbereich im Erdgeschoss erhält der Besucher die Gelegenheit die wichtigsten Themenbereiche des Museums, "Limes/Grenzen", "Militärische Reiterei" und "Herrschaft und Untertanen" nochmals zu reflektieren, indem die Verhältnisse zur Römerzeit mit denen anderer historischer Epochen, z.B. der Kolonialzeit verglichen werden.
Die Vermittlung der Ausstellungsthemen erfolgt soweit wie möglich durch die überlieferten Primärquellen, zunächst natürlich durch die ausgestellten archäologischen Objekte, bei denen aber anders als bisher weitgehend solche zu sehen sind, die direkt vom Limes oder aus dem direkten Hinterland stammen. Besonders hervorzuheben sind dabei die neu präsentierten Schatzfunde aus Rainau-Buch und der restaurierte Schuhfund aus Welzheim sowie zahlreiche Waffenfunde von der Alltagsausrüstung bis zu den prunkvollen Paradewaffen.
Die Vorliebe der Römer politische aber auch private Vorgänge zum Teil sehr detailliert und beispielhaft in Wort und Bild wiederzugeben, macht sich die Ausstellung bei der Gestaltung der Didaktikflächen zunutze. Gerade im Bezug auf die militärischen Unternehmungen und deren ideologischen Begründung liegen eine große Anzahl römischer Reliefdarstellungen und Originalzitate vor, die, wenn auch natürlich in stark einseitiger Sichtweise, in mannigfachen Bildern Auskunft über die Tätigkeiten der römischen Armee geben. Der Besucher erhält so in authentischen Bildern und Texten Informationen über die ideologischen Grundlagen der Eroberung und Beherrschung des römischen Südwestdeutschlands, den Ausbau des Limes und das Leben der Soldaten, aber auch über eher zivile Themen wie Infrastruktur, das Leben in den Kastelldörfern, Landwirtschaft und Truppenversorgung und nicht zuletzt über das Verhältnis zu den Germanen und die Aufgabe des Limes.
Aus dem Zusammenspiel von archäologischen Objekten sowie primären Bild- und Schriftquellen entsteht so ein möglichst historisch objektives, da weitgehend authentisch römisches Bild des Museumsthemas.
Ergänzt werden diese Präsentationsformen durch Modelle und Multimedia-Angebote, wie Computeranimationen, Videos und Kurzhörspiele, so dass der Besucher aus verschiedenen Vermittlungsangeboten auswählen kann.
Die Ausstellung verfolgt schließlich ein klares Lernziel, nämlich die Bewusstmachung der Ambivalenz zwischen militärischer Eroberung und Unterwerfung mit all ihren Konsequenzen und der Schaffung einer als Pax Romana definierten dauerhaften Friedensordnung auf der Grundlage eines auf römischer Seite verinnerlichten Sendungsbewusstseins.
Ein künftiger Besuch im Limesmuseum könnte so einen Beitrag leisten zu einer stärker reflektierenden Betrachtungsweise der Römerzeit am Limes mit all ihren konkreten Auswirkungen und damit allgemein zur individuellen Förderung von historischem Bewusstsein und zur eigenständigen Einordnung und Bewertung historischer Prozesse und Phänomene, die ja zum Teil bis in unsere Gegenwart fortwirken.