Die Schau präsentiert auf ca. 900 m² Ausstellungsfläche mehr als 300 Fundkomplexe und Funde. 44 Leihgeber aus 13 Ländern stellten herausragende Objekte zur Verfügung. Das Gros der Ausstellungsstücke stammt jedoch aus den Ausgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, schließlich stehen im Zentrum der Schau die (Be-) Funde aus dem über 5.000 Jahre alten Erdwerk von Salzmünde westlich von Halle, dem Namen gebenden Fundort der jungsteinzeitlichen Salzmünder Kultur (3.400–3.050 v. Chr.). Der Fundplatz war bereits 1921 entdeckt und 1938 von dem Prähistoriker Paul Grimm als eponymer Fundort beschrieben worden. Große Bereiche des Geländes sind in den darauf folgenden Jahrzehnten dem Kiesabbau zum Opfer gefallen, insbesondere für den Bau von Halle-Neustadt in den 60erJahren des 20. Jahrhunderts. Bei archäologischen Untersuchungen auf dem Terrain des Autobahnzubringers zur BAB 143 (Westumfahrung Halle) bei Salzmünde konnten jedoch in den Jahren 2005 bis 2008 eine Fläche von insgesamt ca. 4 ha im Inneren und 7,5 ha außerhalb des Erdwerkes erforscht und mehrere hunderttausend Funde geborgen werden. Dabei waren zeitweise bis zu 12 Wissenschaftler und 110 Grabungsmitarbeiter beteiligt.
Der Salzmünder Fundplatz liegt auf einem weitläufigen Höhenplateau über der Saale. Eine doppelte Grabenanlage von insgesamt 4,5 km Länge umgibt eine Fläche von fast 40 ha. In diesen Gräben und im Inneren der Anlage fanden sich zahlreiche merkwürdige Befunde, die in dieser Form und aus anderen neolithischen Kulturen nicht bekannt sind. Insbesondere gaben - und geben z. T. immer noch - Bestattungen unter dicken Scherbenlagen, umgebettete Tote sowie zahlreiche einzelne Knochen und vor allem Schädel Rätsel auf. Oftmals scheint die Niederlegung der Toten Bestandteil eigenartiger, aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbarer Rituale gewesen zu sein. Sehr häufig sind die Verstorbenen mit Gewalt zu Tode gekommen und wurden unter Resten verbrannter Häuser und dicken, aber sorgfältig niedergelegten Scherbenpackungen, bestehend aus mehreren Lagen tausender von Keramikscherben, bestattet. Nachdem der Fundplatz über längere Zeit benutzt worden war, wurde er wohl in einer letzten Phase von den von Norden eindringenden Trägern der sog. Bernburger Kultur erobert und in Besitz genommen.
Die Auswertung der Befunde vom Fundplatz Salzmünde erfolgte durch ein interdisziplinäres Forscherteam. Das Kooperationsprojekt mit der Universität Mainz wurde im Rahmen des Programms »Forschung in Museen« durch die VolkswagenStiftung gefördert. Modernste naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden, insbesondere aus dem Bereich der Anthropologie und aDNA/Molekulargenetik, ergänzten die archäologische Untersuchung der Befunde. Im Zusammenspiel der verschiedenen Disziplinen konnten so wesentliche Erkenntnisse und Aussagen gewonnen werden. In der Ausstellung werden dem Besucher ausgewählte Beispiele präsentiert, die die Bandbreite der Befunde von Salzmünde widerspiegeln, die Erkenntnisse der Forscher erläutern und es ermöglichen, die Lebensgeschichten einzelner Menschen und die komplexen Rituale, die sich in Salzmünde vor über 5.000 Jahren abgespielt haben, erstaunlich weit nachzuvollziehen. Ein ganz besonderes Beispiel stellt dabei eine Neunfachbestattung dar, die Bestattung von vier Frauen und fünf Kindern, die, jeweils in Paaren einander zugewandt, in einer Grabgrube lagen.
Das 4. Jahrtausend v. Chr. wird jedoch nicht nur durch aus heutiger Sicht rätselhafte und fremde Rituale und Zeremonien geprägt, es ist europaweit auch eine Zeit zahlreicher Innovationen. Dies verdeutlicht der erste Themenkomplex der Ausstellung, den der Besucher im Atrium des Landesmuseums betritt. Er beginnt mit einer Einführung zur Entwicklung und Ausbreitung von Ackerbau und Viehzucht, die vor ca. 11.000 Jahren im Vorderen Orient ihren Anfang nahm. Etwa um 5.500 v. Chr. erreichten die ersten Bauern Mitteldeutschland, wo sie in den hier vorherrschenden Löss- und Schwarzerdeböden auf ideale Bedingungen für ihre Lebensweise stießen. Nach der Aufsiedlung des Landes lassen sich erste Verteilungskämpfe konstatieren, die sich unter anderem in zahlreichen befestigten Siedlungen manifestieren. Der Pfeilschauer, der dem Ausstellungsbesucher beim Betreten des Atriums entgegen zu »regnen« scheint, symbolisiert die Konflikte, die mit der Verteilung des Landes im Neolithikum einhergingen. Im Zentrum des Atriums steht das vielen Hallensern bekannte, reich verzierte Steinkammergrab von der Dölauer Heide bei Halle, das nach einer umfangreichen Restaurierung im Original wieder aufgebaut wurde. Hinterleuchtete Großbilder an den Wänden zeigen prominente Beispiele der großen Megalithbauten, die im 4. Jahrtausend v. Chr. entstanden. Zu weiteren Phänomenen, die in diesem Ausstellungsabschnitt thematisiert werden, zählen u. a. die Tauschnetzwerke, die sich im 4. Jahrtausend v. Chr. über weite Teile Europas erstreckten, die Erfindung des Rades – das weltweit älteste vollständig erhaltene Scheibenrad aus einer Siedlung am Ufer des Zürichsees ist hier zu sehen – und die Nutzung tierischer Zugkraft. So werden in der Ausstellung erstmals zwei Zuggespanne aus Rindern mit den Verfärbungen der zugehörigen Wagen gezeigt, die im Braunkohletagebau bei Profen östlich von Zeitz in Sachsen-Anhalt geborgen werden konnten.
Im zweiten, größten Themenkomplex der Ausstellung wird der Besucher zunächst mit der Salzmünder Kultur vertraut gemacht, für die besondere Objekte wie etwa aufwändig verzierte Prunkäxte und Tontrommeln, aber auch szenische Darstellungen sowie ein reicher Fundus an Symbolen auf Keramikgefäßen und Prunkäxten charakteristisch sind. Neben dieser Welt der Töne und Symbole stehen hier natürlich die rätselhaften und bemerkenswerten Befunde im Mittelpunkt, die bei den Ausgrabungen bei Salzmünde zu Tage kamen und in den letzten Jahren Gegenstand grundlegender Forschungen waren. Anhand der schon erwähnten Neunfachbestattung, die die Forscher vor besonders viele Fragen stellte, wird exemplarisch dargestellt, zu welch weitreichenden Ergebnissen die verschiedenen an der Untersuchung beteiligten Disziplinen in geradezu kriminalistischer Arbeitsweise gelangten. Der Besucher erhält hier Einblick in aktuelle Forschung und modernste Methoden. Das Beispiel einer jungen, zu Lebzeiten schwer misshandelten und sicher wenig geachteten Frau (eine Sklavin?), die offensichtlich erschlagen, aber in einem aufwändigen Scherbenpackungsgrab beigesetzt wurde, macht deutlich, dass der Tod der in den Scherbenpackungsgräbern aufgefundenen Verstorbenen wahrscheinlich Teil eines besonderen Ritus war. Einige der ausgestellten Befunde weisen darauf hin, dass den Schädeln der Verstorbenen in Salzmünde besondere Bedeutung zugeschrieben wurde. Nicht zuletzt belegen dies die Umfassungsgräben der Salzmünder Anlage, die gegen Ende der Nutzungszeit des Plateaus zu seiner Verteidigung angelegt wurden. In den Gräben wurden Hunderte von menschlichen (Ahnen-) Schädeln niedergelegt. Auch der bislang älteste nachgewiesene Schädel eines domestizierten Pferdes in Mittel- und Westeuropa fand sich hier im Graben. Wie die Verteidiger, so kämpften auch die Eroberer des Plateaus von Salzmünde, die Träger der Bernburger Kultur, anscheinend mit der Kraft ihrer Ahnen: Durch die Umbettung eines von einem anderen Ort herbeigebrachten Kollektivgrabes von insgesamt 32 Menschen in den Salzmünder Graben, knapp oberhalb der hier bereits liegenden Ahnenschädel, nahmen sie den Platz symbolisch in Besitz. So eröffnen die Ergebnisse der Forschergruppe zum Fundplatz Salzmünde dem Besucher der Ausstellung eine Welt der mysteriösen Zeichen und rituellen Handlungen, in der den Ahnen eine besondere Rolle zukam.
Abgerundet wird diese Reise in ein Zeitalter der alten Netzwerke und neuen Technologien, in eine Welt voller rätselhafter Rituale und mysteriöser Zeichen durch einen vergleichenden Blick darauf, wie das alltägliche Leben mit den Ahnen ausgesehen haben kann. Hierfür werden Objekte aus Melanesien, von den Inseln Neuguinea und Neuirland vorgestellt, anhand derer sich erläutern lässt, wie ein Mensch zum Ahnen wird. Auch hier kommt den Schädeln der Ahnen große Bedeutung zu. Ein Filmdokument zeigt die Übermodellierung des Schädels eines Verstorbenen mit Lehm – und schlägt dadurch den Bogen zurück an den Beginn der Ausstellung, wo der Besucher einen mit Lehm überformten Schädel aus dem vorderorientalischen Jericho als Zeugnis eines frühen Ahnenkultes aus jener Zeit des Übergangs vom Jäger- und Sammlertum zur neolithischen Sesshaftigkeit vor 11.000 Jahren gesehen hat.