Im Vorfeld des Neubaus einer 37 km langen Flüssiggasleitung zwischen Peißen und Bobbau durch die Erdgasspeicher Peißen GmbH werden seit April dieses Jahres an verschiedenen Stellen archäologische Untersuchungen durchgeführt. Bereits 2013 war ein erster Dokumentationsabschnitt vorgenommen worden, um Aussagen über die zu erwartende Befundlage zu erhalten. Die Ausgrabungen, die sich innerhalb der 20 m breiten Trasse auf 57 Fundstellen erstrecken, sollen bis Ende 2014 abgeschlossen sein. Es werden in der Regel etwa zehn Fundstellen gleichzeitig bearbeitet; derzeit sind etwa 90 Mitarbeiter vor Ort im Einsatz.
Die Fundstelle Wörbzig bei Köthen, Lkr. Anhalt-Bitterfeld, wird auf einer Fläche von etwa 1 ha durch das zu erwartenden Neubauvorhaben tangiert; bisher konnte etwa die Hälfte untersucht werden. Auf dem Grabungsareal fanden sich zahlreiche unterschiedlich geartete Befunde, die überwiegend der Bronzezeit zuzuordnen sind. Neben einer Grabenanlage mit vorgelagerten Bastionen konnten auch Grubenhäuser und zahlreiche Siedlungsgruben dokumentiert werden. Besonders die Grubenbefunde liefern wertvolle Informationen zur Wirtschaftsweise der Bewohner der bronzezeitlichen Siedlung: In mehreren Befunden wurde charakteristische Salzsiedekeramik, sogenannte Briquetage, vorgefunden, die belegt, dass vor Ort Salz in den Keramikgefäßen gesotten wurde. Die Gewinnung von Salz aus Solequellen oder Salzpflanzen kann für die Region um Halle und Bernburg seit der frühen Bronzezeit nachgewiesen werden und als ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Prosperität dieser Gegend gelten.
Aufmerksamkeit erregten innerhalb der Grabungsfläche bei Wörbzig weiterhin etwa 20 Herd- bzw. Ofengruben, die alle in west-östlicher Richtung angelegt waren. Die rechteckigen Befunde haben weitgehend übereinstimmende Maße von 2 m x 1 m und sind alle mit einer dichten Steinpackung ausgekleidet. Da die Steine deutliche Spuren von Hitze aufweisen, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei den Befunden um Gargruben handelt. Funde von Schweineknochen geben Aufschluss darüber, dass vorrangig Schweinefleisch in den Gruben zubereitet wurde. In Zusammenhang mit der nachgewiesenen lokalen Salzproduktion könnte es sich hier um eine Produktionsstätte zur Haltbarmachung (Pökeln) von Schweinefleisch gehandelt haben. Während das Fleisch gegart wurde, wurde es gleichzeitig durch die Behandlung mit Salz vor dem raschen Verderben bewahrt und für eine längere Lagerung vorbereitet.
Vergleichsbefunde aus der Zeit um 1000 v. Chr., teilweise sogar mit größeren Ausmaßen, sind von verschiedenen Orten bekannt. Mitunter liegen sie dicht beieinander in Reihen und lassen auf eine über den eigenen Bedarf hinausgehende Produktion von Nahrungsmitteln schließen. Die Herstellung für regionale oder überregionale Absatzmärkte wird auch für die Salzproduktion in Mitteldeutschland angenommen. Weiterführende naturwissenschaftliche Analysen der Befunde aus Wörbzig könnten Aufschluss darüber geben, ob neben Schweinen noch weitere Tiere verarbeitet wurden. Möglicherweise steht die aufgedeckte Grabenanlage in direkter Verbindung mit den Befunden und sollte zur Absicherung der Produktionsstätte dienen.
In jedem Fall bieten die seltenen Befunde aus Wörbzig erste spannende Einblicke in wirtschaftliche Grundlagen und Produktionsprozesse in der Bronzezeit.