Für Laien sind auf den ersten Blick nur Flecken im Boden zu sehen. Archäologen schlägt bei diesem Anblick jedoch das Herz höher. Denn was der Hohenwepeler Boden offenbart, birgt einmalige archäologische Erkenntnisse. "Auf der rund 1000 Quadratmeter großen Grabungsfläche haben wir bislang mindestens 20 Gräber der linienbandkeramischen Siedler entdeckt", schildert Ausgrabungsleiter Dr. Hans-Otto Pollmann. Dunkle Verfärbungen im Lößlehm zeigen ihre Lage an, allerdings nur noch bis in eine Tiefe von 20 bis 30 Zentimetern. Sie sind in rechteckige Grabgruben eingebettet, die bis zu 1,50 Meter lang und 0,50 Meter breit sind.
Fast vollständig verschwunden sind allerdings die Überreste der Menschen.. Die Entkalkung des Bodens hat dafür gesorgt, dass sich die Knochen innerhalb von 7000 Jahren nahezu vollständig aufgelöst haben. Nur die Zähne haben sich als widerstandsfähigster Teil des Skeletts vereinzelt erhalten und geben Aufschlüsse, wie die Toten in ihren Gräbern gelegen haben. Demnach wurden die Körper zumeist als so genannter "Hocker" in der Seitenlage in den Gräbern bestattet.
In einigen Fällen sind auch noch die Beigaben erhalten, die den Toten mit in ihre Gräber gegeben wurden. Keramik, Mahlsteine, Feuersteingeräte und Steinbeile waren Wegbegleiter in den Tod. In einer besonders reich ausgestatteten Begräbnisstätte halfen die gerade noch erkennbaren Langknochen der Gliedmaßen sogar dabei, die Lage des Toten genauer zu ermitteln. Dem hier bestatteten Menschen legten die Hinterbliebenen ein Gefäß, eine Messerklinge und eine Pfeilspitze mit ins Grab. "Aus diesen Beigaben lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass es sich bei dem Toten um einen Mann handelte", erläutert Pollmann.
Dieses Grab zeigt, dass je nach Erhaltungszustand und Ausstattung die Gräber noch einige Überraschungen für die Archäologen bereithalten können. Ziel der Untersuchungen ist eine vollständige Dokumentation des Gräberfeldes. "Das werden wir allerdings nicht in diesem Jahr erreichen können", betont der Grabungsleiter. Weitere Untersuchungen werden dazu beitragen, dass die Wissenschaftler ein Bild von der Ausdehnung des Gräberfeldes, der Verteilung und der Anzahl der erhaltenen Gräber zu bekommen. "Wir hoffen außerdem, am Ende auch Angaben über die Einwohnerzahl der befestigten Siedlung aus der linienbandkeramischen Zeit zu erhalten", sagt der Wissenschaftler..
Die Menschen dieser Zeit waren die ersten, die Ackerbau und Viehzucht in Europa betrieben haben. Ihren Namen hat die Epoche von der Keramik geerbt, die in dieser Zeit besonders beliebt war. Becher und Krüge waren mit markanten Linienbändern verziert. In Warburg-Hohenwepel haben die ersten Bauern und Viehzüchter eine mit mehreren Gräben befestigte Siedlung gegründet und die Äcker bewirtschaftet. Unweit der rund zwölf Hektar großen Siedlungsfläche haben die LWL-Archäologen der Außenstelle Bielefeld schließlich im vergangenen Jahr auch die zur Siedlung gehörenden Gräber entdeckt. Ein Sondageschnitt bestätigte, dass die an der Oberfläche gefundenen Steinbeile aus diesen Gräbern stammen, die durch Jahrtausende lange Beackerung und Erosion zerstört worden sind.
Die Ergebnisse der aktuellen Ausgrabung werden in jedem Fall einmalig sein. "Für die Linienbandkeramik in Westfalen ist die Verknüpfung von Siedlung und Gräberfeld, wie wir sie hier in Hohenwepel vorfinden, einzigartig", freut sich der Archäologe mit dem gesamten Grabungsteam. Zusammen mit den Ergebnissen der archäologischen und geomagnetischen Erfassung der befestigten Siedlung, die in den letzten Jahren bereits dokumentiert werden konnten, wird der Überraschungsfund ein detailliertes Bild von der Lebensweise der Menschen in der Endphase der bandkeramischen Kultur zwischen 4900 und 4800 v. Chr. möglich machen.