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Archäologische Grabung in
Baden-Württemberg
Römischer Podiumstempel
Badenweiler kann seit 1784, dem Jahr der
Entdeckung der römischen, im Grundriß vollständig erhaltenen
Thermenanlage, mit Stolz auf den Ursprung seiner Kurbadtradition verweisen.
1892 wurde für den Neubau der evangelischen Kirche Gelände
terrassiert und dabei ein Hang bis zu 5 m abgetragen. Berichte und Fotografien
bezeugen, daß bei diesen Aushubarbeiten zugleich mit den romanischen und
gotischen auch gewaltige römische Mauerzüge beseitigt wurden. Was
blieb, war ein 1899 gefertigter Plan, der, bezogen auf den Grundriß der
neuen Kirche, die römischen Mauern und die zweier Vorgängerkirchen
überliefert.
Baumaßnahmen unmittelbar östlich
der Kirche machten im Herbst 1995 eine Sondagegrabung nötig, die in
Zusammenarbeit von Landesdenkmalamt Freiburg und der Abteilung für
Provinzialrömische Archäologie der Universität Freiburg
erfolgte. Bereits der erste Grabungstag brachte die Gewißheit, daß
der alte Befundplan fehlerhaft war. Wie sich im weiteren Verlauf herausstellte,
waren bei der Ubertragung des Kirchengrundrisses auf den Jahre zuvor
skizzierten Ruinenplan beide Zeichnungen um gerade Maßabstände
verschoben übereinander projiziert. Neben der genauen Lokalisierung der
römischen Baustruktur ergab sich eine mindestens vierperiodige Bauabfolge.
Vom ältesten Bau fand sich eine Mauerecke, die einen
Nordnordwest/Südsüdost orientierten Baukörper
repräsentiert. Er mußte einem größeren, exakt West/Ost
gerichteten Baukomplex weichen. Von diesem wurde die nördliche
Längsseite mit rund 30 m Ausdehnung ermittelt; hangseitig betrug die
Fundamentbreite der aus regelmäßigen Kalksteinhandquadern gesetzten
Mauer 1,85 m, während die Nord/Süd verlaufende
Gebäudeschmalseite 1,4 m breit war. Der Unterbau war in mehrere
Gewölbekammern gegliedert. Anlage und außerordentlich solide
Bauweise entsprachen fast vollständig den von Vitruv überlieferten
Empfehlungen zum Bau eines Tempels. Umbauten am und im Bereich dieses
großen Baukörpers belegen weitere Errichtungsphasen, die in ihrer
Ausschnitthaftigkeit bislang in kein erkennbares Konzept passen.
In Zusammenschau mit den alten
Aufzeichnungen ergeben die vorzügliche Erhaltung und qualitätvolle
Ausführung der römischen Mauersubstruktionen von bis zu 2 m Höhe
für die zweite Bauperiode einen Podiumstempel klassischen Typs: den
bislang einzigen Vertreter dieser Gattung in BadenWürttemberg. Ein solcher
Tempel in Badenweiler aktualisiert die Fragen nach dem Status dieses
römischen Gemeinwesens sowie nach der römischen Verwaltungsstruktur
Südbadens.
Gabriele Seitz
Publiziert in »Archäologie in
Deutschland« 2/1996 Weitere Literatur: H.U. Nuber
u. G. Seitz, Zum Podiumtempel von Badenweiler, Kreis
Breisgau-Hochschwarzwald. IN: Archäologische Ausgrabungen in
Baden-Württemberg 1998. Seite 179-181
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4. Mai 1997 - Update 4. Okt. 1999
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